- Kucki 232
Folge 14 - Ich vermisse euch

Dritte Winterwoche: Donnerstag
Geburtstage: keine
Events/Feiertage: keine
Erzähler/in: Marc
Ich habe Emily schon oft gesagt, dass sie mich wecken soll, damit ich ihr helfen kann. Da lässt sie mich doch glatt wieder länger schlafen. Natürlich würde ich gern mal wieder ausschlafen, aber die Kids sagen was anderes. Gegen 8 werde ich also wach und versuche schnell aufzustehen. Es bleibt aber beim Versuch. Die Nacht war recht anstrengend. Nickst du einmal weg, kann der ganze Fall in die Hose gehen. Aber das passiert nicht mir. Nicht Marc Duvan.

Ich sehe, dass die drei großen Jungs bereits in der Schule sind und alle anderen irgendwo im Haus rumwuseln. Gut. Sie sind noch nicht lange weg. Ich möchte mir nicht vorstellen, was die Kinder anstellen würden, wenn sie mal eine Weile allein bleiben. An Niklas und Emilio möchte ich da gerade nicht denken. Aber schön, dass die anderen Kids ihr Ding machen.

Emily sehe ich unten am Arbeiten. Muss eben gemacht werden. Sie hätte mich aber trotzdem wecken sollen. Aurelie braucht noch etwas mehr Aufmerksamkeit, da sie noch nicht allein aufs Töpfchen kann. Also helfe ich ihr.
„So, dann schaue ich mal, ob ich das heute hinbekomme. Ich glaube, ich bringe bald mal Wegweiser an, damit ihr seht, wo was reinmuss“, sage ich.

Die Wegweiser wären wirklich angebracht. Keine Ahnung, wie man das erklären soll. Da musst du reinmachen und nicht da? Verzwickte Sache, wenn man hinten keine Augen hat und „da“ überall sein kann.

Aber wir bekommen das hier schon alles gebacken. Heute habe ich auch keinen Auftrag. Gestern der hat schon genug geschlaucht. Ich konnte zwar noch nicht in Erfahrung bringen, wer nun der Dieb der Bälle aus dem „Bällebad-Casino“ ist, aber die Kids werden bald wieder in dieser Einrichtung spielen können. In diesem Spielcenter sind bestimmt zig-Millionen Bälle und jemand schafft es, die innerhalb einer Nacht zu klauen? Wofür braucht man die denn?
Egal. Darüber möchte ich mir heute keinen Kopf machen müssen, da ich Emily eh die Treppe hochkommen höre.
„Hey.“ Ich begrüße sie mit einem Kuss auf die Wange. Sie wartet ja immer darauf, dass ich sie mal richtig küsse, aber ich mach’ das halt nur so. Ich liebe sie ja trotzdem und das weiß sie auch.

Emily möchte mit mir über Niklas und Emilio sprechen, da ihr da doch ganz schön was auf der Seele brennt, doch in diesem Moment klingelt das Telefon. Es ist Paps. Ich sage ihm, dass er später noch mal anrufen soll, aber er sagt, dass es wichtig ist.

Als ich auflege, schaut mich Emily auch total bedröppelt an. Kann ich verstehen.
„Marc, das ist wichtig, weil es mit den Jungs so nicht weitergehen kann. Wir müssen sie uns endlich mal vorknöpfen. Immer kommt aber dein Job dazwischen. Wann denn?“

„Es tut mir selbst gerade leid, okay? Ich helfe dir schon, wo ich kann.“
„Ich weiß, aber wenn das so weitergeht mit den beiden, dann fließt bald Blut.“
„Wird es nicht. Ich werde erstmal los. Kommst du kurz klar? Bitte. Es ist wichtig.“
„Es ist immer wichtig. Aber auch das hier ist wichtig. Ich möchte auch mal raus. Marc bitte.“
Da muss ich doch kurz ordentlich seufzen. Ja, sie hat total recht und ich wünschte, dass wir viel mehr machen könnten und das werden wir, aber auch mein Paps hat sich nicht gerade gut am Telefon angehört. Wenn ich könnte, wäre ich für alle auf einmal da.
„Ja, gut. Klar. Ich komm’ klar. Nein, alles gut. Ich weiß. Sorry. Dann geh eben los. Tut mir leid. Ich wollte dich nicht so anfahren.“
„Ich weiß. Ich beeil’ mich.“
Ich lasse Emily gerade nicht wirklich gern so allein stehen, aber Paps meinte, dass er erstmal mit mir allein reden möchte.
Also gehe ich zum Treffpunkt. Es ist oben bei den Klippen. Hier, wo Emily und ich unser erstes Date hatten. Hilfe, habe ich mich blöd angestellt.
Sven ist nicht allein und hat Valentino sogar mit dabei. Die beiden sind mittlerweile beste Freunde, auch wenn sie einst dieselbe Frau hatten: Meine Mam. Geht es vielleicht auch um sie? Ich gehe vorsichtig zu den beiden hin, denn sie schauen nicht gerade glücklich.

Es ist doch etwas kalt und zügig hier oben, also gehen wir in das kleine Häuschen. Erinnerungen werden geweckt. Ich muss immer wieder schmunzeln.

Wir umarmen uns erstmal, bevor es ans Eingemachte geht. Als hätten wir uns schon ewig nicht gesehen. Manchmal fühlt es sich auch wirklich so an.

„Hey, Paps.“
„Hey, mein Sohn.“

Beide schauen mich ernst an. Habe ich etwa was verbrochen? Ich wüsste nicht, was. Mir wird etwas mulmig, also frage ich mal nach: „Was ist denn los? Ist etwas Schlimmes passiert? Habe ich was falschgemacht?“

Sven weiß nicht so richtig, wo er ansetzen soll, also hilft Valentino etwas nach: „Komm schon. Sag es ihm. Frag ihn.“
Dieser Blick von Paps sagt mir, dass er irgendwas von mir möchte. Nur was? Was soll ich groß haben, was er nicht hat? Ich schaue ihn irritiert an und warte auf eine Antwort.

„Deiner Mam geht es schlecht im Knast. Sie kann dort nicht bleiben. Herrje. Und wir sind bald 60. Marc. Wir haben uns endlich gefunden und können diese gemeinsame Zeit nicht mal genießen. Wir können sie nicht als Familie genießen, verstehst du? Sie fehlt mir. Wir fehlen ihr.“

Sven macht eine lange Pause und starrt den Boden an, ehe er fortfährt. „Ich habe mein Leben lang um diese Frau gekämpft und jetzt habe ich sie wieder und sie sitzt im Knast. Ich würde sie gern heiraten. Verstehst du? Mit ihr alt werden.“
„Aber was habe ich jetzt damit zu tun? Was soll ich daran jetzt ändern? Was kann ich daran ändern?“, frage ich.

Mein Paps grinst nur und findet wirklich keine Worte. Soll ich etwa für ihn im Knast einbrechen? Ich bin zwar ein Detektiv, aber sowas mache ich bestimmt nicht. Klar lernt man sowas in der Akademie, aber ins Gefängnis? Puh. Da gehört einiges zu. Sven versucht, Hilfe von Valentino zu bekommen.

Doch dieser schüttelt nun nur mit dem Kopf. Da muss Sven wohl allein durch.
„Okay, hör zu, Junge. Ich habe ein bisschen zu viel Geld in dein Haus gesteckt und bin ein wenig pleite und ich vermisse deine Mam wirklich. Ich liebe sie, okay? Mam könnte wegen guter Führung spätestens in 6 Monaten raus, aber das ist mir einfach zu lang. Und ähm ....... ich ...... ich wollte dich fragen, ob du mir helfen kannst, sie mit der offenen Kaution rauszuholen?!“ Sven schaut seinen Sohn total beschämt und unbeholfen an.
„Wie bitte? Paps, ich. Äh“, sage ich.
Doch der Blick von Paps lässt einfach nicht locker. Lange war diese Familie verstreut und jetzt finden sich alle wieder und dann irgendwie ja doch nicht. Ich hatte nie richtig Eltern und dann plötzlich wiedervereint? Ich muss kurz nachdenken. Eine Weile später schaue ich Paps und Valentino an: „Um wie viel geht es denn?“
Der Lockenkopf hebt nur eine Augenbraue und Sven schafft es nur verlegen zu grinsen.
„Ähm, 500.000 Simoleons, hehe.“. Das sagt Paps ziemlich vorsichtig und leise.
„Was?“ Ich denke, dass ich nicht richtig gehört habe. 500.000? Nicht das schon wieder was faul ist und mein Opa dahintersteckt. Nein. Er ist schon eine Weile tot. Er kann es nicht sein. Paps scheint es wirklich ernst zu meinen.
„Boah. Verdammt. Paps? Ich muss erst mit Emily darüber reden, okay? Ich. Wow. Du haust mich gerade so richtig um.“
„Sorry.“
„Komm her. Lass dich erstmal knuddeln. Ich finde es schön, dass du nie aufgegeben hast. Und du hast jetzt so viel für mich getan. Kommt die Idee von dir oder von Mam?“:
„Von mir, hehe.“

Wir beschließen zurück nach Hause zu gehen, um mit Emily zu reden. Valentino hat nicht wirklich viel dazu zu sagen, aber auch er würde sich freuen, wenn Tanya wieder draußen wäre. Sie sind trotzdem noch gute Freunde und die kleine Clarissa sollte ihre Mam auch sehen können. Valentino zerbricht das immer fast das Herz, wenn die Kleine über ihre Mam redet. Er hat mir auch gesagt, dass meine kleine Schwester mich auch öfter sehen möchte. Eine Familie muss zusammengefügt werden.
Während Valentino sich am Kamin aufwärmt, rede ich mit Emily darüber.

Erst denkt sie, dass sie nicht richtig gehört hat, aber schließlich schauen sie dann auch Valentino und Sven an, als würden sie förmlich um Hilfe betteln.
„Paps hat viel für uns getan. Meinst du nicht, dass wir jetzt mal dran sind? Wir brauchen das ganze Geld doch eh nicht. Wozu? Wir haben uns doch“, versuche ich Emily weiter zu überzeugen.

Sven meint, dass Tanyas größter Wunsch ist, ihre Familie erleben zu können. Ihre Enkel aufwachsen zu sehen. Die Kinder kennen großartig ja nur ihren Opa.

Emily sagt, dass sie kurz Bedenkzeit braucht und setzt sich ins Wohnzimmer. Einige Minuten später kommt sie auf mich zu und nimmt mich in den Arm: „Du weißt trotzdem, dass es auch uns einmal schlecht ging und du weißt auch, dass ich helfe, wo ich kann, aber es hängt halt auch ziemlich viel Mist mit Tanya in der Vergangenheit. Ich bin skeptisch, aber ich glaube Sven. Also willige ich ein. Ich möchte nur aber auch mal selbst irgendwo hinfahren. Das hier alles ertrage ich langsam nicht mehr. Ich möchte weg, okay? Und wenn du deinem Paps nun hilfst, dann mach bitte auch meinen Wunsch möglich.“
Klare Ansage meiner Frau, aber ich verstehe sie voll und ganz und mir wird bestimmt was Tolles einfallen. Ein schöner Urlaub wird uns guttun. Als ich nicke, drückt sie mich noch fester und haucht ein „Danke“ in mein Ohr.

Ich sehe, dass Sven trotzdem ein mulmiges Gefühl hat, mich überhaupt gefragt zu haben. Er weiß selbst, was Tanya bei uns angerichtet hat.

Trotzdem ist er uns sehr dankbar dafür und ich stelle ihm einen Scheck aus. Er kann es kaum erwarten, Tanya rauszuholen. Valentino kommt mit, falls noch irgendwas Juristisches geklärt werden muss. Und dadurch, dass Valentino überhaupt mitgekommen ist, merken wir auch schnell, dass nichts faul sein kann. Dann würde er uns ja nun auch betrügen. Valentino? Niemals.
Viele Probleme aus der Vergangenheit konnten wir wegkehren, aber neue Probleme machen sich breit. Schön, dass meine Mam das Gefängnis verlassen kann und die Kids ihre Oma kennenlernen, aber es gibt hier eines meiner Kinder, was es nicht schafft, kleine Hausregeln einzuhalten und da muss ich dann wohl mal ran.

Emily ist alles andere als allein. Keiner in meiner Familie soll allein sein.

Ich liebe sie nämlich über alles.

Anmerkung an meine neuen Leser: Die Geschichte ist noch etwas angeknüpft an meine alte, die ich nur - für mich persönlich - etwas an die Wand gefahren habe. Daher erkläre ich euch zwar, worum es geht, aber nicht ins Detail, da ich meine Geschichten so einfach nicht mehr schreiben möchte: Tanya ist ja die Mutter von Marc und diese hat eine ziemlich blöde Vergangenheit hinter sich, dank ihres Vaters. Da sie schon sehr früh Kinder bekommen hatte, hat er sie gern damit aufgezogen, dass sie ja noch die Füße unter seinem Tisch hätte und gab es ihr auch zu spüren. Der Plan ging jedoch nach hinten los und so ergab sich mehr, als nur ein paar Streitereien. Sven hat nie aufgegeben, seine Familie einst mal wieder in den Arm nehmen zu können. Marcs Opa verhinderte dieses. Nachdem der Fall gelöst wurde, haben die Duvans eine ordentliche Summe bekommen und Tanya landete trotzdem im Knast, auch wenn sie dazu genötigt wurde, Dinge zu tun, die sie nicht machen wollte. Aber auch sie hat stets um ihre Familie gekämpft.