- Kucki 232
Folge 14 - Mädchenschwarm Joel

Madleen hat ihre Sachen bereits gepackt und meint es wirklich ernst, zu Joshi zu ziehen. Tja, dann werde ich wohl ab sofort hier die Stellung halten. Na gut. Joshi möchte nachher die Sachen meiner Schwester abholen und dann geht es für sie auf nach Henford. Seit der Aktion mit den Zwillingen ist sie fix und alle.
„Hey, Kleine. Ich werde dich richtig vermissen. Kannst mich doch nicht einfach hier allein lassen.“
„Sorry, Bruderherz. Ich kann nicht in einer Stadt mit den Zwillingen wohnen, wenn sie wieder ins Heim kommen. Nein, kann ich nicht. Sorry. Aber ich bin ja nicht aus der Welt. Ich komme euch oft besuchen. Versprochen.
„Das möchte ich doch hoffen.“

„Und ich werde auch von Melody loskommen. Ich möchte mit den beiden einfach nichts mehr zu tun haben.“
„Sicher?“

Ich möchte es zumindest hoffen. Dieses Mädchen hat mir sehr viel bedeutet und ihr einfach so aus dem Weg zu gehen, wird kein Zuckerschlecken werden.
Und so frühstücke ich zum letzten Mal mit meiner kleinen Schwester. Es wird ungewohnt werden, nicht mehr alle Geschwister im Haus zu haben. Es fühlt sich irgendwie so an, als wenn alle geflüchtet wären.

Wir knuddeln uns noch lange durch und man merkt ihr trotzdem an, dass es ihr schwerfällt. Madleen hat mir erzählt, was Shadow gestern noch abgeliefert hat. Ich kann verstehen, dass sie jetzt einfach nur noch ihre Ruhe haben möchte. Der Blödmann hat nach meinem Streit mit Melody direkt mit ihr Schluss gemacht. Wie so ein kleines Kind. Und hat sie dabei noch ausgelacht. Ich weiß nicht, ob ich Mitleid mit ihnen haben soll oder nicht.
Später kommt dann Paps zu mir. Er hat Madleen noch dabei geholfen, die ganzen Sachen zusammenzustellen und auch die beiden haben sich geknuddelt ohne Ende. Paps hofft ja irgendwo noch, dass Aurelie und Madleen irgendwann zurückkommen. Doch sie bestehen darauf, bei Joshi auf dem Hof zu bleiben. Es ist zu viel passiert.
„Bist du sicher, dass du dich konzentrieren kannst? Kannst du Melody vergessen oder werden deine Noten weiterhin drunter leiden? Du musst dir eines im Klaren sein: Ein Privatdetektiv muss seinen privaten Mist zuhause lassen, sonst funktioniert das Ganze nicht.“

„Paps? Ja. Ich werde sie vergessen und ich werde mich ab sofort auf die Schule konzentrieren, okay? Und auf das Praktikum. Ich werde dich nicht enttäuschen. Aber es wäre auch schön, wenn ihr mich nicht immer so an Melody erinnern würdet. Wie soll ich sie vergessen, wenn ihr ständig über sie redet?“

„Ich meine nur. Ich sehe es dir doch an, dass du noch fertig bist. Das Make Up deiner Mam bringt da auch nichts.“
„Aber.“
„Nichts aber. Wenn du das durchziehen möchtest, dann musst du fit sein.“

Aber Paps hat recht. Melody darf nun nichts kaputtmachen. Ich möchte niemanden mehr enttäuschen. Nachher werde ich auch ihre Nummer löschen. Nur, verdammt. Eigentlich kann ich es nicht. Ihr süßes Foto da im Status. Man verdammt.
Trotzdem muss ich mich konzentrieren. In der Schule habe ich auf jeden Fall schon mal ein riesen Fail gelandet. Heute sollten wir doch in Uniform antanzen. Toll. Habe ich total vergessen. Das kann ja wieder heiter werden. Hmpf.

Wenigstens lächelt mir Aurelie zu, als ich sie anspreche. Keine Spur von Ignoranz.
„Hey, Kleine.“

„Die Zwillinge sind weg und ich habe wirklich viel Mist gebaut und möchte mich dafür entschuldigen. Es war uncool, dich einfach so zu ignorieren. Sorry.“
„Ja, war ein bisschen blöd und dafür gibst du mir ein Eis aus, ja? Hihi.“

„Warum hast du eigentlich keine Uniform an? Ist es etwa wegen Melody? Ich dachte, du willst sie vergessen?“
„Man, ja. Will ich, okay? Aber was würdest du machen, wenn du plötzlich Damon vergessen müsstest? Hm?“

„Hey, sorry. Wollte das nicht. Doofe Frage. Komm mal her, großer Bruder. Ich habe echt keine Lust, mich mit dir zu streiten.“
„Na, ich wollte das sowieso nie. Wir haben da aber wohl beide Mist gebaut.“
„Japps.“
Aurelie fällt mir in die Arme. Ja, das tut jetzt mal gut. Aber so richtig. Ich habe ja so oder so schon ein bisschen Schiss, da jetzt in die Mensa zu gehen und dann ist da wieder Daniel, der mich einfach nur dumm angrinst. Boah, nein. Nicht heute.

„Ich hab dich lieb, Großer.“
„Ich dich auch. Komm, lass uns in die Höhle des Löwen.“
„Vielleicht muntert es dich ja ein bisschen auf, dass ich mit den anderen geredet habe. Das hätte ich nicht tun sollen und dich so schlecht dastehen lassen dürfen. Das war unfair von mir.“
„Schwamm drüber, okay?“
„Klingt gut.“
Wir gehen also in die Mensa, wo schon alle sitzen und ihr Ding machen. Noch keine Spur von Daniel. Die anderen schauen mich alle kurz an und widmen sich dann wieder ihren Aufgaben.

Und dann dieser öde Unterricht. Wir sollen heute in Copperdale 42 Grad bekommen und es ist ja jetzt schon eine Hitze hier. Boah. Wenn wir kein Hitzefrei bekommen, dann weiß ich auch nicht. Obwohl ja heute Prüfungen sind. Ob die ausfallen würden?

Alex ist natürlich auch wieder am Start und wie sie wieder schnell wegschaut, als ich nach hinten schaue. Oh, man.

Und dann setzt sich Daniel auch noch direkt neben mich. Er schaut mich nur kurz an, aber ist irgendwie wie in Trance. Abwesend. Was ist da denn passiert?

Mir egal. Hauptsache, er hält die Füße still. Ich muss mich konzentrieren. Paps möchte ich nicht noch einmal enttäuschen. Und da schaut Alex wieder. Seht ihr? Hat sich wohl schnell rumgesprochen, das mit Melody. Es wäre ja halb so wild, wenn mich nicht noch die anderen Mädels so ankichern würden.
Tja. Und da kreisen meine Gedanken auch schon wieder in Richtung Melody. Ob ich sie mal anrufen soll? Vielleicht können wir ja reden. Gestern war ich doch etwas grob zu ihr.

Und Frau Paulsen erzählt und erzählt und erzählt. Irgendwas von alten Schädeln aus der Antike und bla bla irgendwas. Boah. Das interessiert mich null.

„Joel Duvan? Ich habe das Gefühl, du bist gerade nicht beim Thema. Möchtest du uns nicht daran teilhaben, worüber du gerade so nachdenkst? Das wäre bestimmt auch sehr lehrreich.“
Ein Glück, dass es in diesem Moment klingelt. Was interessiert der denn meine Gedanken? Ne. Ganz bestimmt nicht.
In der Pause treffe ich Herr Müller auf dem Gang, Er steht da wie angewurzelt. Ich habe schon gehört, dass er etwas crazy sein soll. Gut, was versteht man unter crazy?

„Huch? Bist du das, Emma? Bist du zurückgekommen?“

Äh. Wie dem auch sei. Ich habe Hunger und möchte mir eine Kleinigkeit holen. Heute ist echt mal alles normal, wie es scheint. Was auch immer gestern passiert ist, es war zu viel auf einmal. Aber heute? Echt cool grad´.
Als ich bestellen möchte, kommt Herr Müller total schnell angeflitzt und fällt mir ins Wort.
„Ein kleines Me.....!“
„Huch? Bitte drei Hamburger. Ganz schnell bitte. Schnell, schnell.“
„Hey, was soll das? Könnt ihr auch nacheinander sprechen?“, meint der Verkäufer nur.

Wird ja immer lustiger hier. Auch gut.
Ich setze mich trotzdem wieder etwas abseits, um erstmal die Lage zu checken. Immerhin sichte ich Daniel und mich heute nochmal mit ihm zoffen, wäre nicht in meinem Interesse. Paps hat mir immerhin immer gesagt, dass man schnell vergessen muss, was man auf dem Herzen hat. Er gestand, dass er zwischendurch einfach mal in den Wald fährt und alles rausschreit, was sich bei ihm festgesetzt hat. Reden ist zwar gut, aber es befreit trotzdem nicht. Sollte ich vielleicht auch mal machen. Denn Paps hat in einer Sache recht: Mir geht es immer noch beschissen. Ich habe kaum geschlafen. Doch möchte ich mir nichts anmerken lassen. Deswegen beachte ich Daniel einfach nicht. Und er mich hoffentlich auch nicht.

Später kommt ein Mädchen zu mir. Ich glaube, Raina heißt sie. Normal ist sie eigentlich die Liga von Daniel. Aber er sitzt heute allein da.

Ich habe keine Ahnung, was hier vor sich geht, aber das Blatt scheint sich ordentlich gewendet zu haben.
„Hey, du. Ich bin Raina. Joel, richtig?“
„Jo.“

Ich bin da lieber etwas vorsichtiger. Nachher ist das nur ein Spiel oder so. Da falle ich ganz bestimmt nicht drauf rein.
Bis sich der beste Kumpel von Daniel noch zu mir setzt.
„Das ist mein Bruder Christopher. Du kannst ihn auch Chris nennen. Wie du magst.“
„Äh, ja. Cool.“
„Du bist ja wirklich süß, hihi.“
„Äh. Wie bitte?“

„Ich hab dir doch gesagt, dass du ihn nicht gleich so anlabern sollst. Immerhin hat Daniel gestern genug übertrieben.“
„Äh.“
Ich verstehe echt gar nichts. Plötzlich sitzen hier seine besten Freunde und reden mit mir, obwohl Daniel mich immer wieder mal zur Sau gemacht hat. Und jetzt sitzt er fast allein dahinten? Nur Maximilian kommt noch zu ihm. Habe ich irgendwas verpasst?

„Wir finden es nicht so schön, wie du hier behandelt wirst. Du scheinst ein netter Kerl zu sein und Daniel sieht dich als Konkurrenten. Er ist einfach nur doof und was er abzieht, geht zu weit.“
„Äh. Mich stört das nicht. Ehrlich. Wenn er doof kommt, dann komme ich auch doof. Ganz einfach.“

„Komm Joel. Wir setzen uns dahinten hin. Meine Freundinnen würden dich gerne kennenlernen.“
„Äh. Echt?“
Also ganz ehrlich? Ich bin gerade ziemlich baff. Raina bittet mich also, dass ich mich zu den ganzen Mädels da setze? Nun ja. Gut. Warum eigentlich nicht? Wäre da nicht Alex noch dabei.
Als ich an den Tisch komme, höre ich nur ein leises Kichern und acht Mädchenaugen schauen mich an. Cool. Ja. Hmpf. Kann ich mich mal irgendwo verstecken?
„Hi. Na, wie geht's?“

„Hi, ich bin Svenja. Es tut mir leid, dass ich immer etwas patzig zu dir war. Deine Schwester ist meine Freundin und wenn sie was sagt, dann glaube ich ihr das auch. Aber jetzt mag sie dich wieder, also mag ich dich auch, hihi.“

Puh, wie mich alle anschauen. Und dann Daniel dahinten. Ich frage mich immer noch, was passiert ist? Also langsam bekomme ich ein bisschen Angst, dass er mir nach der Schule auflauert, oder so. Paps möchte mir zwar bald Selbstverteidigung beibringen, aber jetzt wäre Stress mit ihm noch zu früh.

Und dann bemerke ich, wie mich die Mädels mit ihren Blicken ausziehen. Boah. Echt jetzt?
„Und Joel? Erzähl doch mal. Du hast einen Hund, der Jingles heißt?“
Was zum Geier hat meine Schwester da alles erzählt?

„Ähm, nun ja. Ist das schlimm, wenn ich mich zu Aurelie setze? Ich wollte noch was mit ihr bereden.“

„Klar, hihi. Viel Spaß.“
Jetzt muss ich doch ganz schnell rüber. Da ist es wieder. Dieses kichern und tuscheln. Nein, Mädels. Ich höre, was ihr sagt. „Hihi. Ist der süß.“ „Hast du seine Augen gesehen?“
Verdammt, was geht hier ab?
Aurelie sitzt fast allein am Tisch und hier werde ich hoffentlich nicht so belagert.
„Du, ich muss mal eben zu dir hierhin. Geht das?“

„Kannst du mir mal sagen, was du den Mädels da drüben erzählt hast?“

„Was denn? Ich dachte, ich soll ein gutes Wort für dich einlegen? Da habe ich halt ein bisschen was über dich erzählt.“
„Äh, ein bisschen?“
Und genau in diesem Moment ertönt eine Durchsage, dass wir den Rest des Tages Hitzefrei bekommen. Endlich. Also, nicht, dass das jetzt schön wäre, weil nun ja. Die Mädels eben. Also das war auf jeden Fall schon mal besser als der Aufstand hier gestern. Wie dem auch sei: Wir schreiben dann wohl die Prüfungen nach dem Praktikum. Auch gut.
Zunächst will ich mich ja den anderen anschließen und direkt nach Hause rennen, aber nicht, wenn wieder sämtliche Mädchenaugen auf mich gerichtet sind und kichern. Muss ich mir jetzt etwa echt eine Tüte über den Kopf ziehen?
Also bleibe ich noch eine Weile und mache noch ein paar Aufgaben hier.

Trotzdem konnte mich der Spaß etwas ablenken. Denn als ich die Tür rausgehe, muss ich wieder an Melody denken. Was sie gestern gesagt hat, das geht mir einfach nicht aus dem Kopf. Es tut immer noch so weh. Vielleicht wäre es langsam wirklich mal besser, dass ich mir hier Freunde suche. Das kann so nicht weitergehen. Normal bin ich ja nicht so der Typ, der auf Partys geht und so und Freunde hatte ich bislang auch noch nie richtig. Wir haben uns nur als Familie gehabt. Das reichte mir ja auch. Meine Geschwister sind ja auch nicht viel älter als ich. Sie sind bislang meine Freunde gewesen.

So gehe ich nach Hause und bereite mich auf morgen vor. Ich bin gespannt, was mich erwarten wird. Mit Paps on Tour zu sein, wird bestimmt richtig aufregend.

Und die Schule darf ich erst recht nicht vernachlässigen.
