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  • Kucki 232

Folge 16 - Meine Familie und ich


 

Dritte Winterwoche: Samstag

Geburtstage: keine

Events/Feiertage: Silvester

Erzähler/in: Niklas

 

Als ich aufstehe und nach draußen schaue, sehe ich Emilio, diesen arroganten Mam-Hasser. Er möchte sich wohl einschleimen. Kann er vergessen, solange Mam seinetwegen weint.

Paps versteht die Situation auch noch nicht so ganz. Er soll sich Mam einfach nur anschauen. Ich habe sie oft weinen sehen und das jedes Mal, wenn Emilio in ihrer Nähe war. In der Schule macht er auch nur Stress. Mein Paps fragt mich, was ich denn für ein Problem hätte? Pfff. Das liegt doch auf der Hand.

„Mam weint wegen Emilio, weil er nur Mist macht und dafür hasse ich ihn. Aber ich bin nicht so, Paps. Ich helfe, wo ich kann“, sage ich.

Und dann setzt sich der blöde Miesmacher auch noch mit dazu. Er soll seine Klappe halten. Nachher weint Paps seinetwegen auch noch. Das kann ich nicht zulassen.

„Ich möchte heute im Haushalt helfen. Ist denn noch was zu tun für die Vorbereitungen zu Silvester?“, fragt er.

Was? Echt? Was soll das werden?

Ich durchschaue seine Aktion schnell und räume von mir aus den Tisch auf, damit Paps sieht, dass ich es ernst meine und nicht, weil ich mich einschleimen möchte. Tja, da guckste, Emilio. Ich war schneller. Ich sehe doch, wie er schon wieder seine Fäuste ballt. Aber davon lasse ich mich nicht beirren.

Anschließend räume ich brav das Bad auf. Ja, ich gebe zu, dass es meine Sachen sind und ich Emilio das in die Schuhe schieben wollte, aber das ist doch egal. Meine Eltern glauben mir mehr als ihm. Jede Woche sind sie wegen Emilio doch ganz oft in der Schule, weil irgendwas ist. Wie Peinlich. Und bei mir war noch gar nichts.

Als ich zurück in die Küche komme, sehe ich Emilio den Schleimer. Er macht das, was ich machen wollte. Wie kann er nur? Ich würde ihn gerne anrempeln, aber dann würde das schöne Essen runterfallen. Nachher bekommt er sein Fett weg.

Mam beweise ich auch, dass ich immer für sie da bin und sie nie ärgern würde. Sie ist richtig stolz auf mich.

Als wir alles aufgeräumt haben, verpieseln sich Mam und Paps in die Werkstatt und basteln etwas. Diese Chance nutze ich und sage Emilio, dass er aufhören soll, Mam so traurig zu machen. Angeblich weiß er nicht, worum es geht.

„Sie weint wegen dir und muss wegen dir immer in die Schule kommen. Du bist böse.“

Da wurde er so richtig laut und schreit mich schon fast an. Aber ich grinse nur, weil ich weiß, dass ich recht habe.

„Was? Was erzählst du da? Mam weint nicht meinetwegen, du Idiot.“ Er nennt mich Idiot. Ein klarer Beweis für seine Aggressivität.

„Du erzählst doch Blödsinn. Lass mich doch einfach in Ruhe, du Spinner. Du bist eher böse. Alle Kinder hassen mich wegen dir. Ich hasse dich.“ Das ist unerhört, was er sagt. Nun bekomme ich die Schuld. Lügner. Ich werde Paps nachher die Wahrheit sagen.

„Tja, du bist halt ein Loser und hilfst nicht so wie ich. Du machst nur Stress und wegen dir gibt es nur Ärger. Ich habe Beweise.“ Und dann sehe ich, wie Emilio immer ruhiger wird und anfängt zu heulen. Hihi, Memme. Schwächling. Er hätte Mam eh nie beschützen können, also tu’ ich das.

Ich sehe, wie Paps reinkommt und jetzt kann ich alles erzählen. Es gibt so viel, was er noch alles macht. Er wurde beim Klauen erwischt, sagte man mir in der Schule. Andere meiner Freunde sagen, dass er ein Mädchen gehauen hat.

„Du erzählst Schwachsinn“, sagt Emilio und wischt sich die Tränen aus den Augen.

Er steht auf und geht in sein Zimmer. Jetzt hat er richtig Schiss. Paps steht nur da und schaut mich an.

Joshua war ja die ganze Zeit mit bei uns im Raum und hat alles mitbekommen. Er geht auf Paps zu und bittet ihn, dass wir mit diesem Gezanke aufhören sollen. Es würde ihm Angst machen.

Schließlich setzt sich Paps zu mir, aber ich bleibe siegessicher. Ich erzähle ihm gleich alles, was ich in der Schule gehört habe und dann kann er mich auch verstehen.

„Ist dir eigentlich klar, was du Emilio damit antust?“, fragt er mich.

Ich erzähle ihm alles: „Er hat sogar gegen die Tafel gespuckt, sagt mein bester Freund. Mein anderer Freund sagt, dass er sich heimlich im Klo einsperrt und raucht. Sowas tun Kinder einfach nicht, Paps.“

Und dann schüttelt Paps auch noch mit dem Kopf. Was denn? Es stimmt doch. Glaubt er mir etwa nicht?

„Wer erzählt dir diesen ganzen Schwachsinn? Du weißt schon, dass es dein Bruder wegen dieses Geredes erst recht nicht einfach in der Schule hat? Weil DU irgendwelche Gerüchte verteilst und andere damit noch anstachelst? Mam weint nicht seinetwegen. Ich weiß nicht, wie du darauf kommst. Emilio hilft, wo er kann, oder meinst du, wir können deine Socken nicht von seinen unterscheiden, hmm? Was willst du damit erreichen? Sag’s mir.“

„Hör zu. Ich möchte, dass du dich bei deinem Bruder entschuldigst. Das machst du, während wir draußen etwas Silvester feiern, okay? Ich habe echt keine Lust darauf, dass man mir diesen Tag so vermiest. Mit irgendwelchen Gerüchten. Hör auf, alles zu glauben.“

„Aber, aber. Ich hab das doch alles gesehen.“

„Nein, nichts hast du.“ Paps schaut mich total ernst an. „Mam weint nicht seinetwegen, sondern euretwegen, okay? Wenn du mir nicht glaubst, dann frag sie doch.“

Da muss ich dann doch schlucken. Paps würde mich nie anlügen. Aber wegen uns? Ich hab Mam doch lieb und möchte sie nur beschützen.

„Komm. Zieh dich jetzt um und dann Abmarsch nach unten. Ich mach’ gleich ’nen Feuerwerk.“

Kurz bleibe ich noch sitzen. Paps geht bereits runter. Ich habe so viel in der Schule gesehen. Emilio rastet immer total schnell aus. Das habe ich halt gesehen. Und sowas ist halt nicht schön.

Egal. Ich gehe erstmal nach unten. Vielleicht lenkt es mich etwas ab. Wir wollen eh noch so ein Familienfoto machen. Machen wir jedes Jahr, wenn das Jahr um ist.

Und so sieht es aus:

Ich kann aber gerade nicht so lachen, weil ich nachdenken muss. Joshua hat mir ja auch gesagt, dass Emilio nicht böse ist. Aber ich habe ihm ja nie geglaubt, weil meine Freunde immer recht haben.


Nach dem Foto bauen wir alle ganz viele Schneemänner. Es macht Spaß und ich muss richtig lachen. Hier so bei der Familie zu sein, ist wundervoll. Aber Emilio bleibe ich weiterhin fern. Ich traue mich nicht, ihn anzusprechen.

Ich beobachte Mam und Paps. Es ist süß, wie er sie anguckt, hihi. Beide lieben sich richtig doll und ich hab beide auch total doll lieb.

Schließlich geht Paps auf Mam zu und küsst sie. Eigentlich küsst er Mam nie. Aber finde sowas eh ekelig. Es ist doch total überflüssig, warum man sowas macht. Mam sagte mir mal, dass man sowas macht, wenn man sich ganz doll liebhat. Aber ich werde bestimmt sowas niemals bei meinen Geschwistern machen, auch wenn ich sie ganz doll lieb hab. Bei Emilio bin ich mir noch nicht so ganz sicher.

Ich beobachte Emilio, wie er mit meinem kleinen Bruder diesen Schneemann baut. Joel hat ihn auch ganz doll lieb und das ist komisch. Auch die anderen mögen ihn. Ich denke weiter nach. Soll ich mich wirklich bei ihm entschuldigen? Sind vielleicht die anderen Kinder böse? Sagen sie einfach nur böse Sachen? Aber sie sind doch meine Freunde.

Eine Weile überlege ich noch weiter und plötzlich packt mich dann doch der Mut und ich gehe zu Emilio. Er schaut mich etwas böse an. Kurz noch nachdenken und dann versuche ich mit ihm zu reden: „Ich wollte mich entschuldigen“, sage ich.

„Wirklich? Bist du sicher?“

Ich schaue mich um und sehe, dass Mam und Paps uns ganz gespannt zuschauen. Sie freuen sich gerade. Mache ich doch etwas richtig? Mam ist gerade richtig glücklich. Puh. Habe ich einen Fehler gemacht? Ich wollte das ja eigentlich gar nicht. Unsicher schaue ich wieder zu meinem großen Bruder und warte auf eine Reaktion.

„Ich habe dir doch immer gesagt, dass ich nicht böse bin“, sagt er.

Joel fängt auf einmal total an zu jubeln. Mache ich wirklich gerade etwas richtig? Ich, ähm. Ich. Als ich Emilio umarme, jubelt nicht nur mehr Joel, sondern auch meine Eltern. Was? Ich verstehe das nicht.

Ich bin etwas verwirrt.

Joshua kommt auf uns zu und sagt: „Habt ihr euch endlich wieder vertragen? Ich würde es schön finden.“

Ich sehe langsam ein, dass nicht Emilio immer die riesengroßen Fehler gemacht hat.

Paps hat mir nämlich vorhin auch gesagt, dass meine Worte in der Schule dazu geführt haben, dass andere anfingen, Emilio schlechtzumachen, weil sein Bruder ja gesagt hat, dass er so böse ist. Immer mussten sie ins Sekretariat, wegen was auch immer. Und irgendwann haben sie herausgefunden, dass das alles gar nicht stimmte. Emilio wurde nicht einfach nur so böse, sondern weil er sich wehren wollte. Er hatte Angst. Also ist das alles....... meine Schuld?

Ich werde aus meinen Gedanken gerissen, weil Paps die ersten Knaller zündet. Es ist richtig schön.

Ich bekomme langsam gute Laune und möchte mit meiner Familie feiern. Auch mit Emilio. Es tut mir so leid.

Paps gibt uns Wunderkerzen. Ich zünde meine an und dann die von Emilio. Er freut sich. Ich habe meinen Bruder noch nie so lächeln sehen. Ob er mir jemals verzeihen kann?

Wir verbringen noch ganz lange draußen und knallen, was das Zeug hält. Wir singen Lieder und sprechen unsere Vorsätze für das nächste Jahr aus. Meines ist, dass ich Emilio nie wieder ärgern werde. Was wohl seines ist?

Schließlich gehen wir rein. Mam hat noch Kekse gebacken und wir trinken Kindersekt. Käsespieße gibt es und ganz viel Knabberzeugs. Wir lachen und erzählen uns ganz viele Witze. Ich buffe Emilio an und er bufft zurück.

„Ich werde ja eine Woche nicht da sein und ich hoffe, wenn ich wiederkomme, habt ihr euch immer noch lieb“, merkt Joshua an.

Aber ja. Ich denke, wir werden uns liebhaben. Ich weiß aber noch nicht, was ich so recht sagen soll.

Wir essen gemeinsam Abendbrot. Langsam wird mir aber schlecht. Habe wohl zu viele Chips gegessen, hihi.

Meine kleinen Geschwister gehen ins Bett und wir Großen sind nur noch wach. Es ist nicht einfach, noch solange wachzubleiben. Immer wieder fallen meine Augen zu und Mam muss mich wecken. Fast hätte ich alles verpasst. Ich habe nicht mal gemerkt, dass Benny noch zu uns gekommen ist. Benny ist mein Cousin und er ist ganz in Ordnung.


Mit ihm feiern wir den Start ins neue Jahr und wenn ich morgen aufstehe, dann rede ich mit Emilio.


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