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  • Kucki 232

Folge 17 - Ein fast perfektes Leben


 

Ich muss gestehen, dass ich glücklich darüber bin, dass Paps mit mir nach dem Training ins heiße Becken gegangen ist. Klar, ein bisschen Muskelkater habe ich schon, aber so ist es erträglich. Kopfkino habe ich trotzdem immer noch wegen Frau Paulsen.

„Und? Bereit für die nächste Runde? Heute gebe ich dir ein bisschen zu lesen, da ich noch umbauen muss. Aber selbst durch die Bücher kannst du viel lernen. Also?“

„Ich muss nachher sowieso zum Frauenarzt. Dann könnt ihr das alles in Ruhe machen. Joshi fährt mich. Und dann wissen wir, was es wird.“

„Oh, wirklich? Ich bin gespannt.“

„Kommst du denn nicht mit, Paps?“

„Nein. Würde gern, aber der Job halt. Muss was über den Fall „James“ herausfinden. Möchte den Colin nicht allzu lange warten lassen.“

„Okay. Wenn ich mit anpacken kann, dann sag Bescheid. Selbst wenn ich dir beim Einräumen helfe, ist das ja auch Praktikum.“

Paps hat nämlich unten einen Keller ausheben lassen, wo sein Büro hinkommt und eine kleine Folterecke, haha. Hätte nie gedacht, dass er so ein großes Ding am Laufen hat, mit dem Job. Ich durfte ihn ja bislang nie stören. Jetzt sehe ich erst, was er eigentlich wirklich macht.


Während Mam beim Frauenarzt ist, gehen wir nach unten und machen einen Schlachtplan.

Man merkt, dass er schon seinen eigenen Plan hat, wo was hinkommt und schließlich stehe ich dann doch nur im Weg rum. Er rückt und schiebt alles zurecht, während ich mir ein paar Bücher anschauen soll, mit irgendwelchen alten Fällen der Geschichte. Paps vertraut es mir sogar schon ein wenig an, etwas über den James herauszufinden. Das oberste Gebot zählt jedoch, dass immer Stillschweigen anliegt. Egal, ob ich nur mein Praktikum mache oder nicht. Also geht es ans Werk.

Paps richtet derweil den PC ein und beobachtet mich, damit ich ja auch keine falschen Akten oder sowas herausnehme. Ist klar. Manche Sachen gehen mich dann nichts an. Vielleicht ja noch nicht. Ich könnte mir schon vorstellen, mit meinem eigenen Vater zu arbeiten. Zusammen können wir sogar mehr erreichen. Insofern Paps denn überhaupt mit mir arbeiten möchte. Er ist nun mal ein Einzelgänger und bevorzugt es, die Fälle allein zu lösen. Doch wie sieht es mit seinem Sohn zusammen aus?

Paps schraubt und ich lese. Detektivarbeit vom Feinsten, haha.

Schon spannend, was hier so steht. Es gab damals einen Fall, der 40 Jahre nicht wirklich gelöst wurde. Krass irgendwo. Also gelöst war er irgendwie, aber irgendwie auch nicht. Das interessiert einem bis dahin doch dann auch nicht mehr. Die ganzen Jahre war ein Privatdetektiv am Knobeln und Rätseln, obwohl der Fall als abgeschlossen galt. Bis dieser etwas Entscheidendes gefunden hatte, womit schon keiner mehr rechnete. Es hat sich dann herausgestellt, dass jemand unschuldig im Knast saß. Und der Privatdetektiv konnte das Blatt wenden.

Ob das Paps sein Vorbild ist? Immerhin möchte er auch die Unschuld beweisen, von Sims, die eigentlich im Knast sitzen und sowas. Und dann 40 Jahre? Wow.

Zwischendurch werde ich immer wieder durch Schraubendrehen aus dem Buch gerissen. Ich finde so viele Fälle, wo Sims unschuldig im Knast saßen. Einige sind sogar in die Geschichte eingegangen. Muss ja schrecklich für die dann gewesen sein.

Normal lese ich nicht wirklich Bücher, sondern zocke lieber, aber das hier muss ich einfach weiterlesen.

Bis plötzlich eine freudestrahlende Mam durch die Tür kommt und uns ganz erwartungsvoll anschaut.

„Jungs??? Ich werde in Zukunft hier im Haushalt nicht mehr so allein dastehen und ein bisschen tatkräftige Unterstützung bekommen, hihi. Es ist ein Mähäääädchen.“

„Haha, cool Eine kleine Schwester. Schon witzig. 3 große Brüder und 3 kleine Schwestern. Die goldene Mitte. Aber nein. Echt cool. Krass.“

„Sehr schön. Dann können wir ja mit dem Kinderzimmer anfangen, würde ich sagen. Wird ja die Bude doch wieder voller.“

Also, auch wenn das jetzt nicht so aussieht, ist mein Praktikum doch ganz schön anstrengend. Ich arbeite eben nur von zuhause aus und man bekommt alles mit. Paps findet es auch gut, jederzeit für die Familie da zu sein und nebenbei noch seinen Job zu machen. Also fast. Er muss natürlich auch noch mal weg und so.


Und genau deswegen wird hier nicht lange rumgesessen. Paps und ich gehen in die Folterkammer und dann geht es so richtig los. Arghs. Kann ich nicht wieder Bücher lesen?

„Komm schon Junge. Mach was gegen deine Puddingarme. Wenn du so weitermachst, dann holst du nicht mal eine Oma ein.“

Moment, hat er das echt gerade gesagt? Hat er?!

„Ja. Kräftig rein da. Als ob das dein größter Feind wäre. Nur pass auf, dass du immer die richtige Position einnimmst. Ja, genau so.“

Für heute ist Feierabend. Ich spiele mit Mam eine Runde Karten. Sie gewinnt da immer.

Was will man denn auch sonst bei dem Wetter machen? Das geht schon den ganzen Tag so.

Und immer schön sein Pokerface aufsetzen.

Nichts anmerken lassen.

Paps hat noch etwas im Keller gewerkelt, aber auch er macht dann schließlich Feierabend. Morgen wollen wir uns den James dann ein wenig unter die Lupe nehmen. Paps hat schlechte Erfahrung damit gemacht, mit der Polizei zusammenzuarbeiten. Ständig pfuschten sie dazwischen und viele Anwälte sind auch nicht besser. So arbeitet er immer mit einem guten Freund zusammen, der Anwalt ist. Durch ihn kommt er oft an viele Informationen, ohne dabei an irgendjemanden zu geraten. Aber wenn Paps Fälle hat, die mehr im Geheimen laufen sollen, dann recherchiert er viel im Internet. Pflückt sich alles zusammen. Oft ist er auf Seiten, wo ich nicht mal wusste, dass es sie gibt.

Und so zieht sich die Zeit durch mit meinem Praktikum. Ich lerne immer mehr und bin überzeugt, dass ich sowas später auch mache. Auch wenn Paps immer sagt, dass er sich eigentlich gar nicht Detektiv schimpfen müsste, sondern er sich eher als „Gemeinnütziger-Einmann-Verein“ bezeichnet. Kein Plan. Er sagt das immer so.


Ich stelle fest, dass ich ohne Melody irgendwie ein sorgloses Leben habe. Das tut richtig gut und ich mache, was ich für richtig halte. Ohne Drama und so. Aber irgendwo merke ich, dass mir dann doch was fehlt. Zu erfahren, was wirkliche Liebe bedeutet. Eine Freundin zu haben, die mich respektiert, wie ich bin. Hm. Wenn ich meine Eltern so sehe, muss es sowas doch irgendwo geben.

Obwohl, nein. Durch Melody habe ich bemerkt, dass Mädels eine ganz schöne Last sein können. Ich mache mein Ding und wenn ich später Privatdetektiv werde, dann habe ich sowieso keine Zeit für so eine Schnulze.

Doch manchmal kommt es trotzdem wieder hoch. Einfach so.

Mam entschuldigt sich sofort wieder bei mir. Ja, ich muss gestehen. So ganz drüber hinweg bin ich eben noch nicht. Was soll's? Kann ja nicht alles perfekt laufen.

„Manno. Entschuldigung. Wir haben nicht nachgedacht. Sorry.“

„Alles gut, Mam. Sie ist so gut wie vergessen.“

Ich versuche mich ja schon immer abzulenken, wie es nur geht.


Am nächsten Morgen zum Beispiel. Das Gewitter hat hier ordentlich durcheinander gewirbelt. Und so helfe ich Mam noch etwas im Garten. Überall nur Matsch und Unkraut. Und schwül ohne Ende.

Es liegt viel Arbeit vor mir.

Aber das ist okay. Solange ich was zu tun habe, geht es mir gut. Keine Melody. Weg mit ihr.

Nur laufen tut dann manchmal trotzdem nicht alles. Wollfgang scheint noch nicht mein bester Freund zu sein. Aua. Ich sehe es schon kommen.

Und dann pickt mich auch noch Jutta und ich rutsche im Matsch aus. Man. Wie war das mit sorglosem Leben? Äh. Ich überlege es mir doch nochmal.

Verpiesel’ ich mich eben wieder nach unten und lese weiter. Paps ist noch ein Fall dazwischengekommen, bei dem ich aber nicht mitkommen darf. So hat er mir ein Buch gegeben, was ich durchforsten soll, bis er wieder da ist.

Bis ich Jingles draußen laut bellen höre. Ich renne nach oben. Nicht, dass irgendwas passiert ist.

Er steht vor einem großen Busch und ist ganz aufgeregt, als ich zu ihm komme.

„Hey, was ist denn los, Großer? Was hast du?“

Jingles möchte, dass ich zu dem großen Busch mitkomme und als ich nachschaue, sitzt ein weißer Hund dort zusammengekauert. Bei näherer Betrachtung sehe ich, dass dieser festhängt. Ich befreie ihn und schaue nach, ob alles okay ist. Der Hund schlabbert mich ab. Da ist mir wohl gerade jemand sehr dankbar. Obwohl Jingles ihn ja gefunden hat.

Das Gewitter hat auch ordentlich was verwüstet hier. Wer weiß, wo der Hund herkommt? Ich werde mal schauen, ob ich eine Vermisstenanzeige finde. Zwei Hunde wären doch etwas zu viel. Hoffe, Mam und Paps haben nichts dagegen. Was soll ich denn auch sonst machen? Die Pfote ist verletzt.

Als ich mit dem Hund reingehe, steht Mam auch schon auf.

„Nein, nein. Joel. Was wird das denn jetzt? Wo kommt der Hund her?“

„Jingles hat ihn im Gebüsch gefunden und die Pfote ist verletzt. Darf ich ihn behalten, bis wir den Besitzer gefunden haben? Bitte Mam.“

„Hm. Okay. Aber nur, bis wir den Besitzer gefunden haben. Na, du. Wo kommst du denn her?“

„Danke, Mam. Irgendwo her, muss der Hund ja kommen, da er eine Schleife um den Hals trägt. Nur ich kann den Hund ja nicht einfach verletzt lassen. Ich gehe nachher in die Tierklinik und lass das mal checken.“

„Alles klar.“

Und so verpiesel’ ich mich noch etwas nach unten, bis Paps wieder da ist. Noch ist meine Arbeitszeit nicht um. Danach gehe ich dann mit dem Hund zum Arzt. Vielleicht weiß dieser ja, wo er herkommt.


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