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  • Kucki 232

Folge 19 - Ein neuer Auftrag


 

Erste Frühlingswoche: Dienstag

Geburtstag: keiner

Event/Feiertag: keiner

Erzähler/in: Marc

 

Ich stehe auf und überlege, ob es nicht sinnvoll wäre, wieder ins Bett zu gehen. Emily wuselt jedoch unten schon rum und dann sieht das auch doof aus. Ich höre gerade noch so meine großen Jungs, die sich gerade auf zur Schule machen.

Mal schauen, ob es den kleinen Pupsern gutgeht. Ich versorge sie und helfe schließlich unten Emily. Unser Hof hat sich um einiges vergrößert. Hier mal eben alles so machen, funktioniert allein einfach nicht. Die Wäscheleine ist kaputt. Na toll. Muss sowieso mal eine Neue her. Ständig geht sie kaputt. Mich verfolgt eines der Hühner.

Emily ist gerade bei den Bienen zugange. Mittlerweile haben wir drei Bienenhäuser. Meine Frau plant, einen Hofladen zu schmeißen mit all den überschüssigen Sachen aus der Ernte. Hauptsache, sie kommt mal raus, meint sie. Trotzdem tut es mir leid, dass ich ihr in dieser Hinsicht nicht mehr bieten kann. Der Urlaub steht ja bald an. Das wird eine schöne Zeit.


So, nun aber genug gewerkelt. Kann ganz schön anstrengend sein. Valentino hat mir eh eine SMS geschrieben, dass ich mich mal melden soll. Er hätte da was für mich.

Also gehe ich nach oben. Emily wollte noch in die Stadt und einkaufen. Also passe ich derweil auf die Kids auf. Mein Schwager erzählt mir von dem neuen Auftrag. Es soll um zwei Kinder gehen.

Mit ihm jedoch gerade zu telefonieren, ist eine Kunst.

Wir beschließen, dass er nachher einfach mal rumkommt. Das so am Telefon zwischen den ganzen Kids zu erklären, tut dann auch nicht Not.

Also widme ich mich den Kindern. Emily kommt ja eh bald wieder. Dann kann ich das in Ruhe klären. „Warum Lamakopf groß ist? Nicht lange Hals hab wie Lolin“, möchte Aurelie wissen. Die Kleine interessiert sich für die unmöglichsten Themen. Passt irgendwas nicht zusammen, dann wird sie stutzig.

Ich spiele noch eine Weile mit ihr, bis ich meinen Paps am Fenster vorbeihuschen sehe. Emily bleibt auch etwas länger weg als gedacht, aber das ist okay. Ich kann es verstehen. Sonst ist sie ja die, die sich den ganzen Tag um die Kids kümmert.

Ich öffne Sven die Tür. Gerne hätte ich viel mehr Zeit mit meinem Paps verbracht. Ich hasse meinen Opa dafür, was er uns angetan hat. Egal. Paps ist jetzt hier und daher begrüße ich ihn mit einer festen Umarmung.

„Hey“, sage ich.

„Hey“.

Joel lässt auch nicht lange auf sich warten. Immerhin hat er übermorgen Geburtstag und wer kann nicht besser mit ihm eine Party schmeißen, als mein Paps? Aber wirklich feiern? Mir reichen ja eigentlich schon die ganzen anderen Familienpartys, die hier gefühlt täglich stattfinden.

„Wie ich sehe, brauchst du hier ein bisschen Unterstützung“, sagt Sven, als er die ganzen kleinen Pupser im Wohnzimmer sieht.

„Ne, ich komm’ klar. Ich glaube, die schlimme Zeit ist vorbei“, merke ich an.

Paps schaut mich nur an und grinst: „Damit würde ich nie rechnen, haha.“

Er setzt sich ins Wohnzimmer auf das Sofa und schaut einmal in die Runde. „Soll ich euch eine Geschichte erzählen?“

Ich habe gar nicht mitbekommen, dass Emily bereits wieder zuhause ist. Als ich in den Flur schaue, sehe ich sie nur ganz vertieft stricken. Sie hat wohl gesehen, dass wir Männer das alles unter Kontrolle haben. Tja. Es geht doch nichts über Männerpower. Aber seit wann strickt sie? Ich scheine wohl immer sehr viel zu verpassen. Als ich sie anspreche, kommt auch keine Reaktion. Na gut. Valentino müsste eh gleich aufkreuzen.

Da ist er auch schon. Müssen wir nur schauen, wo wir uns in Ruhe unterhalten können. Ist manchmal etwas schwierig, hier im Haus. Erst wird sich aber begrüßt. Valentino ist echt ein dufter Kerl. Er hat auch schon viel durch und mit ihm zu arbeiten, macht Spaß, auch wenn manche Fälle etwas knifflig sind oder eben belanglos. Aber jeder sieht mich als Retter in der Not. Der Retter im Verborgenen. Habe mittlerweile viele Namen.

„Können wir uns irgendwo in Ruhe unterhalten?“, fragt er.

„Klar.“

Paps scheint mit den Kids rausgegangen zu sein. Es schneit zwar noch ein bisschen, aber es ist nicht mehr so frostig kalt. Das kommt uns gelegen, denn dann können wir uns im Esszimmer in Ruhe unterhalten.

Nachdem wir uns gesetzt haben, frage ich auch direkt nach, was denn los sei? Normal macht er es ja nie so mysteriös. Ist es endlich mal ein spannender Fall?

„Dann erzähl. Was hast du für mich?“, frage ich.

Valentino kneift nur die Augen zusammen.

„Ich habe gestern zwei Kinder mitten im Wald gefunden. Sie sind sehr verwahrlost und ich habe sie erstmal aufs Polizeirevier gebracht. Ich weiß noch nicht, ob sie misshandelt worden sind oder sowas, aber ich habe das Gefühl, dass es was Größeres ist. Die beiden sprechen absolut nicht und sind total durch den Wind“, erklärt er.

„Aber dann ist es doch ein Fall für das Jugendamt? Sie kümmern sich doch um sowas“, merke ich an.

„Nein, nein. Es ist etwas komplizierter.“

„Sie sitzen den ganzen Tag in ihrer dunklen Zelle und wollen einfach nicht raus. Sobald sie jemand anspricht, fauchen sie nur. Ich weiß nicht warum, aber ich habe das Gefühl, dass sie anders sind.“

„Äh. Ich bin zwar Detektiv, aber noch lange kein Simlock Holmes.“

„Ich finde schon, hihi.“ Valentino schaut mich total verlegen an. Na, so ein praller Detektiv bin ich auch wieder nicht. Simlock Holmes ist eine Legende. Ich werde irgendwann nicht mal mit Namen irgendwo erwähnt.

Ich muss darüber nachdenken. Kinder, die anders sind? Der Satz kann ziemlich weiträumig sein. Hm.

Ich setze mich an den Schachtisch, wo mein lockiger Schwager eine Runde mit sich selbst spielt. Wir beiden schauen uns nur an. Warum sieht er in mir so eine Hoffnung? Die beiden sind ausgebüxt. Passiert halt mal.

Während ich mich in seine Partie mit einklinke, muss ich mich fast erschrecken, als Valentino da etwas lauter wird: „Hey, wenn du die Kinder siehst, dann weißt du, was ich meine. Sie verhalten sich total anders und ich weiß noch nicht, was ich davon halten soll. Nachher ist es wirklich was Mysteriöses und was ist, wenn die Medien davon erfahren? Ich kann die Situation noch nicht wirklich deuten, aber sicher ist sicher. Und ich kann dir vertrauen. Man.“

„Sowas gibt es nicht. Ich habe zwar schon viel erlebt, aber was sollen die beiden denn sein? Katzen in Menschengestalt? Weil sie so fauchen?“

„Marc, bitte. Ich kann es nicht beschreiben, aber sowas liegt näher, als ich verdenken vermag. Ich habe das so im Gefühl. Ich weiß nicht, warum. Ich habe das Gefühl, dass es sowas schon mal gab.“

„Wie bitte? Ich glaub’, du brauchst mal Urlaub.“

„Also, kümmerst du dich um die Kinder, oder nicht? Ansonsten muss ich das selbst machen. Ich muss nämlich gleich wieder los.“

Da ich mir nichts dabei denke und finde, dass er wirklich mal Urlaub braucht, willige ich ein. Kann ja nicht schaden, sich die Kinder einmal anzuschauen. Anschließend steht Valentino mit einem „Danke“ und „Wir sehen uns“ auf und verlässt mit einem „Hi“ an seine Schwester das Haus.

Was war das denn jetzt? Er wirkt total angespannt.


Eine Weile bleibe ich noch einfach hier so sitzen und denke nach. Bis mich plötzlich mein Sohn aus meinen Gedanken rausholt.

„Paps? Ich brauche deinen Rat. In der Schule machen sie jetzt immer mehr Niklas und mich an. Spinnen die da? Wir wollen doch nur zur Schule gehen. Und wenn die so weitermachen, dann schwänze ich einfach wieder. Das ist mir lieber, als diese Grinsegesichter da ständig sehen zu müssen“, motzt er direkt los.

„Die schauen immer total hässlich und wenn die so weiter machen, dann haue ich ihnen bald ins Gesicht. Dieses Grinsen. So ekelhaft.“

„Hey. Komm erstmal kurz wieder runter, okay? Wie soll ich dir denn helfen, wenn du nicht mal einen Punkt machst?“

„Was? Ist doch so.“

Emily bemerkt, dass ich mit meinen Gedanken eigentlich ganz woanders bin und schreitet helfend ein: „Wie war das? Du möchtest so sein, wie mein Paps? Dann darfst du dich jetzt aber auch nicht mehr so aufregen, weil das hat Paps irgendwann nicht mehr gemacht.“

„Oh, stimmt. Ja. Okay, ich bin wieder lieb, hihi.“

Von hier auf jetzt schaut er mich einfach nur grinsend an und alles ist wieder gut. Zumindest äußerlich.

Ich rede kaum ein Wort, da ich mir um die Art von Valentino Gedanken mache. Ich kenne ihn schon eine halbe Ewigkeit, aber so war er noch nie drauf. Ich werde morgen mal diese Kinder besuchen und mir selbst ein Bild machen.


Als wir zu Abend essen, bemerkt selbst Emily, dass ich nicht so ganz da bin und fragt mal nach.

„Hey, ist alles in Ordnung mit dir? Kann ich dir mit einer Massage helfen, oder sowas? Hihi.“

„Nein. Alles gut.“


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