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  • Kucki 232

Folge 21 - Paps kann auch mal anders


 

Paps kniet sich neben Jimmy und schaut, ob er noch lebt. Er atmet sehr schwach, aber das ist schon mal ein gutes Zeichen.

Er ruft zu mir rüber.

„Joel. Ruf einen Krankenwagen! Schnell!“

Ich fackel’ nicht lange und wähle 234.

„Hey, ähm. Hier ist Joel Duvan und ich möchte im Park von Willow Creek was melden.“

„Wie bitte? Name? Äh.“

„Er heißt Jimmy Novalski“, ruft Paps rüber.

„Okay, Jimmy Novalski. Ja, klar. Kein Ding.“

Etwas später habe ich die Dame wieder am Apparat und dann bin ich doch recht erstaunt darüber, was sie mir sagt.

„Wie bitte? Sie behandeln keine Obdachlosen? Was bitte soll das?“

In dem Moment steht Paps auf und eilt zu mir rüber.

„Woher wollen sie überhaupt wissen, dass er obdachlos ist?“

„Joel, gib mir mal das Handy. Ich glaube, ich muss die Sache da mal klären. Ich platz gleich.“

Ich gebe Paps mein Handy und jetzt bin ich mal gespannt, was kommt.

„Hey. Hören Sie mir mal zu, ja? Keine Ahnung, was hier für Spielchen gespielt werden, aber ich werde es ab sofort rausfinden. Sie behandeln Jimmy gefälligst und wenn Sie meinen, dafür kein Geld zu bekommen, dann haben sie sich geirrt, klar? Ich werde die Behandlung übernehmen und wenn Sie sich weiterhin weigern, dann merken Sie sich gut meinen Namen. Marc Duvan. Angenehm.“

Das witzige ist, dass Paps gerade total cool reagiert und sich gerade total nicht unterkriegen lässt. Jimmy scheint ihm wirklich sehr wichtig zu sein.

„Ja, nichts aber. Mir ist es aber scheißegal. Schicken Sie einen Krankenwagen und behandeln Sie diesen Mann.“

Irgendwie habe ich den coolsten Paps der Welt. Wow. Er kann auch mal anders. Während Paps da noch etwas mit der Dame am Rumdiskutieren ist, gehe ich zu Jimmy und schaue, ob er ansprechbar ist. Alaska wacht die ganze Zeit neben ihm.

Die kleine Hündin ist ganz aufgeregt, wieder bei ihrem Herrchen zu sein. Paps hat mir gesagt, dass er die Hoffnung mit Jimmy schon aufgegeben hatte und sich einfach nicht zusammenreimen konnte, warum plötzlich Alaska bei uns ist. Er hat Hunde sehr unterschätzt.

„Gut gemacht, Süße. Dein Herrchen wird schon wieder.“

„Wuff.“

Die Sommerhitze macht dem Bewusstlosen sehr zu schaffen. Er ist sehr schwach und Paps wird immer lauter am Handy. Seitdem habe ich das Gefühl, dass da irgendwie noch viel mehr hintersteckt, als dass man sich nicht um Obdachlose kümmern möchte. Sowas muss doch egal sein. Wer Hilfe braucht, der braucht sie eben.

Paps gibt mir mein Handy zurück und geht zu Jimmy.

„Es kommt gleich Hilfe, Jimmy. Halte durch. Diesmal bin ich nicht der Schwache“, sagt er dem Obdachlosen leise.

Wir hören einen Krankenwagen anfahren und plötzlich haben sie es auch ziemlich eilig. Wir beobachten das Geschehen ganz genau. Besonders Paps passt auf, dass hier alles mit rechten Dingen zugeht.


Etwa 10 Minuten später können wir nichts mehr tun und hoffen, dass Jimmy es schaffen wird. Jeder Tag, den wir weiter gewartet hätten, hätte zu spät sein können. Habe ich vielleicht sogar diesem Mann das Leben gerettet? Wie dem auch sei - wir machen uns auf zum Auto und fahren nach Hause.

Paps ist auch sehr schweigsam bis zur Haustür. Was zum Teufel ist da passiert damals? Selbst mir lässt die Sache keine Ruhe mehr. Wie kann man plötzlich von heute auf morgen alles verlieren?

„Hör zu, Joel. Wir reden da ein anderes Mal drüber, okay? Dann erzähle ich dir auch alles. Du musst wissen, dass ich bald erneut Vater werde und da möchte ich für das Baby da sein, okay? Hast du also Lust, mit mir ein Kinderzimmer einzurichten? Ich kann gerade eh nichts mehr für Jimmy tun.“

„Äh, ja. Cool. Ja klar bin ich dabei. Auf geht's. Und hey, Paps. Ich hoffe, dass es Jimmy bald bessergeht. Ich sehe, wie nahe dir das geht.“

Da kann ich auch gerade nicht anders, als ihn in den Arm zu nehmen.

„Jo, wird schon. Lass uns anfangen.“

Wir gehen in das Zimmer, wo Madleen ihres hatte. Direkt neben meinem.

Trotzdem muss ich da immer mal wieder nachhaken. Es macht mich eben neugierig. Was soll ich machen?

„Woher kennst du Jimmy eigentlich? Du hast nie von ihm erzählt.“

In dem Moment kommt Mam durch die Tür und sieht, dass wir anfangen wollen.

„Hey, danke. Ich würde euch ja gern helfen, aber nun ja, hihi. Ach, und wenn ihr die Schränke aufgebaut habt, dann kommen in den Linken die ganzen Spielsachen und in dem kleinen anderen die ganzen Strampler, hihi. Also nicht, dass ihr da was durcheinanderbringt.“

„Äh, ja“, sagt Paps nur.

„Danke, hihi. Bin wieder weg.“


Und so werkeln wir den Rest des Tages am Zimmer meiner kleinen Schwester rum. Ich weiß nicht warum, aber ich bin irgendwie total aufgeregt wegen der Kleinen. Wenn ich bedenke, dass wir 17 Jahre auseinander sind, kann ich diesmal wirklich von kleiner Schwester reden. Ich bin gespannt, was ich mit ihr alles erleben werde.

Alles wird zusammengerückt und bestrichen und der Boden wird verlegt. Anstrengend bei dieser Bullenhitze da draußen.

Paps redet auch kein Wort. Nur, wenn ich irgendwo mit anpacken soll. Aber über Jimmy gibt es nichts.

Geschafft. Wir schaffen es heute nur nicht mehr, alles einzuräumen. Aber im Großen und Ganzen freuen wir uns beide sehr, das aufgebaut zu haben. Paps sehe ich es nämlich an, wie die Spannung gerade etwas verfliegt und er sich auf die Kleine konzentrieren möchte.

„Ja, Paps. Ist doch cool, was wir hier gemacht haben. Kann der kleine Pupser ja kommen.“

„Ich hoffe, es ist auch okay für dich, Junge. Weil das Baby war jetzt absolut nicht geplant und ...“

„Nein, alles gut. Wir werden bestimmt viel Spaß haben.“

Paps weiß selbst, dass ich das einzige Überbleibsel im Haushalt bin und alle anderen schon ausgezogen sind. Das habe ich bei meinen Schwestern nie so richtig verstanden. Sie hauen einfach ab, um sich irgendwie die Sorgen von der Schulter zu klopfen. Aber auch meine Eltern sind darüber etwas enttäuscht.


Doch ich werde hierbleiben und mit anpacken. Egal, wo.


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