- Kucki 232
Folge 31 - Paps und ich

Also, es gibt da eine Sache, die ich an meinem Praktikum nicht so schön finde. Ich muss Punkt 5:30 Uhr aufstehen. Warum? Das weiß nur Paps. Und immer noch habe ich keine Gardinen. Wir kommen aktuell nicht dazu, hier weiterzumachen. Überall steht noch alles rum und der Keller wird auch immer voller. Paps kann jetzt aber unser altes Haus verkaufen. Wäre ja schön, wenn wir es losbekommen. Mam fühlt sich auch ganz wohl bei ihrem neuen Job. Ist noch nichts Aufregendes, aber sie ist erstmal froh, wieder arbeiten zu gehen.
Aber das ist mir gerade noch egal, denn: Meh.

„Und? Was machen wir heute Schönes? Wieder einen Opa verfolgen? Haha.“

„Meinst du, der Job besteht nur daraus? Komm erstmal in die Lehre, dann werde ich dir die richtigen Aufträge zeigen. Dann wirst du nicht so lachen.“

Später kommt Mam noch zu uns und sie ist ja mal überhaupt nicht neugierig.
„Was war denn gestern mit dir los? Du warst ja drauf, als hättest du etwas zu viel Fled Rull getrunken.“

„Äh, nichts Mam. War gestern halt ein sonniger Tag und so und da muss man gute Laune haben.“
Später sitzen ich und Paps startklar im werdenden Esszimmer.
„Wir können los. Bereit für alles.“

„Na dann. Auf nach Windenburg.“
„Oh, was gibt es da denn Spannendes?“
„Wirst du dann sehen.“

„Du verstehst nämlich wirklich eines noch nicht. Meinst du, ich jage den ganzen Tag irgendwelchen verlorenen Katzen hinterher oder helfe alten Leuten über die Straße? Ich kann dir sagen, was ich dreimal die Woche mache. Und davon machst du eindeutig noch zu wenig.“

„Du würdest ja nicht mal hundert Meter in drei Stunden schaffen.“
Oh nein. Ich ahne was. Fitnesscenter. Arghs. Oh oh.
Und ich habe recht behalten. Es ist das Fitnesscenter. Obwohl. Vielleicht gehen wir dann wieder in dieses heiße Bad und mal schauen, wer dann heute so duscht. Kann doch noch witzig werden.
„Ich sag´ doch, dass du eine lahme Tasche bist.“

„Deswegen ziehen wir uns jetzt um und dann zeige ich dir, wie das geht. Ich bin zwar 37 Jahre alt, ja? Aber so lahm wie mein 17-jähriger Sohn bin ich bei Weitem nicht.“
Jupps. Ich ahne echt was.

Aber wer weiß, ob das Katharina gefallen wird, wenn ich so ein sportlicher Typ bin? Oder hmm. Vielleicht mag sie ja auch lieber diesen Milchbubi. Sie weiß wohl auch noch gar nicht, was ich überhaupt für ein Praktikum mache. Paps nimmt mich hier manchmal ganz schön ran.
„Also, aufwärmen, Junge. Eins, zwei, eins, zwei. Hopp, hopp. Bis zum Mittag möchte ich wieder zuhause sein.“
Wer bis heute noch dachte, dass mein Paps ein ruhiger Sesselpupser ist, hat sich geirrt.

„Na los. Hopp, hopp. Der Pudding muss auch mal fest werden.“

Aber stimmt. Dafür, dass Paps schon langsam die 40 ankratzt, hat er sich gut gehalten. Er ist fit wie eh und je. Und dann gibt er damit immer noch an, haha. Er ist schon cool drauf.

Boah. Das zwiebelt ganz schön. Aber ich gebe nicht auf. Schlappmachen gibt es nicht. Auch wenn sich meine Arme und Beine gerade anfühlen, als würde da einer Beton rüberkippen. Woah. Ich mach´ weiter.

Es gibt ja auch schöne Dinge, nach diesem harten Training. Diese hier.

Wow. Ob ich Katharina dann irgendwie auch eine Rose mitbringen soll? Oder ein Gedicht schreiben, oder so. Hmm. Normal bin ich ja nicht so der Schnulzi. Ich wüsste gar nicht, was ich schreiben soll.

Aus meinen Gedanken werde ich jedoch rausgezogen, als Paps da plötzlich voll laut schreit.
„Maaan. Geht das auch vorsichtiger?“

Anschließend geht es an den Boxsack. Ich versuche mich auch nicht ablenken zu lassen. Kein Stück. Bin voll dabei.

Ganz cool haue ich zu und versuch das zu machen, was Paps macht. Irgendwie. Mir ist aufgefallen, dass Katharina ein schönes Lächeln hat. Wir haben so gelacht am Samstag. Echt schön.

Komm. Jetzt aber.
Hmm. Ich weiß jetzt gar nicht. Hat sie blaue oder grüne Augen? Egal. Sie sind hübsch.

„Sag´mal. Was machst du da eigentlich? Soll ich dir da vielleicht einen Plüschhasen hinstellen? Meine Güte. Hau rein, da! So richtig!“

Schließlich müssen wir aber erstmal nach Hause. Paps muss zur Weiterbildung. Da würde ich ja irgendwo gern mitkommen, weil er da bestimmt voll die schweren Sachen machen muss, aber nein. Ich helfe Mam noch ein bisschen.
„Na, wie läuft es so?“

Und dann erstmal umziehen. Hier ist auch ganz schon oft sehr heiß. Ich mag das nicht so, wenn die Klamotten so auf der Haut kleben. Bäh.

Nachher wollen Paps und ich ein paar Häuser weiter. Eine Frau hat ihn angerufen, weil sie denkt, dass ihr Mann Dreck am Stecken hat und Paps soll jetzt beobachten. Kriminelle Treffen und weiße Vans wurden gesichtet und plötzlich fährt der Ehemann ein richtig dickes Auto.
Doch erstmal ruhe ich mich draußen noch etwas aus. Wie das wohl so mit Freundin wäre? Hach, ja. So Arm in Arm kuschelnd durch den Park.

Krass wäre es, wenn der Zettel von Alex gekommen wäre. Ich möchte sowieso wissen, wer dann die anderen drei waren. Hmm. Svenja? Alex? Raina? Hey, Moment. So viele Rosen habe ich doch auch am Samstag bekommen. Uff. Echt die drei? Nein, Mit ihnen kann ich nichts anfangen. Gut, Raina vielleicht, aber ne. Neee.

Paps braucht wohl noch eine Weile und so setze ich mich an den Rechner und schaue, ob ich nicht vielleicht doch einen Brief schreiben kann. Mit Gefühlen schreiben und so.
Aber ey. Das klingt doch voll lächerlich. Voll dumm. Boah.
Ich bin froh, bla, dass ich bla. Bla bla bla.

Und ich freue mich bla. Das kann ich ihr doch niemals geben. Da schläft sie doch bei ein. Mann, ey.

„Bist du da dann bald mal fertig? Können wir?“
„Äh, ja. Ich lösch´ das eben und dann bin ich fertig. Uno momento.“

Ähm, okay. Paps packt zwei Stühle ein. Wird das 'nen Picknick? Was hat er denn jetzt vor?

Selbst die Angeln packt er ein. Haha, ich sehe es kommen. So wie damals im Park. Okay, krass. Jo. Mach´ ich mal mit.
Als wir am Ziel ankommen, stellt Paps die Stühle zurecht.
„Schau. Da müssen wir drauf achten. Dahinten. Das kleine Haus. Alles muss dokumentiert werden. Egal, wie langweilig es ist. Dafür mach’ ich dann ja das immer. Auch wenn ich denke, dass dieser Typ einfach nur eine Midlifecrisis hat, muss es trotzdem professionell aussehen, verstehst du? Interessant wird es dann erst, wenn plötzlich so eine Blondine in kurzem Rock auftaucht. Aber so weit kommt es leider meist nie.“

Paps will jetzt echt angeln? Das ist schon krass. Nur mir fällt auf, dass Sonnenschirme noch fehlen. Ey, ich werd´ mir voll den Sonnenbrand holen.

Und Tatsache. Es passiert null. Nichts.

Bald fange ich noch an, so wie Paps gern zu angeln. Ich sehe es schon kommen. Obwohl. Eigentlich cool. So mit Paps von Mann zu Mann und so. Das ist eigentlich ein cooler Gedanke.
„Und? Wer ist dieses Mädchen? Lass mich raten: Die, die vorgestern hier war?“
„Äh, was?“

„Sie ist hübsch. Passt zu dir.“
„Äh, nein. Wie kommst du darauf?“
„Echt jetzt? Du wirst mir gerade ein bisschen zu nervös. Ich weiß, dass ich recht habe.“
„Äh.“

„Wie heißt sie?“
Ich muss jetzt doch schmunzeln, weil man Paps einfach nichts vormachen kann. Entweder bekomme ich nämlich gerade einen Sonnenbrand im Gesicht oder ich bin verlegen. Ja, genau. Der Sonnenbrand ist es. Definitiv.
„Äh. Katharina.“

„Wie hast du Mam eigentlich kennengelernt?“
„Äh. Lange Geschichte.“
„Na, komm schon. Wir haben doch Zeit, denke ich.“
„Ein anderes Mal. Nachher bin ich nicht aufmerksam genug. Verstehst du?“

„Hattest du vor Mam eigentlich schon eine Freundin? Oder mehrere? Haha. Komm schon Paps. Du warst bestimmt voll der Frauenheld.“
„Äh. Wie kommst du darauf? Ich hatte eine Freundin vor Mam. Verena.“
„Echt? Was ist passiert?“
„Darüber möchte ich nicht sprechen.“
„Wow. So schlimm? Nein, okay. Bin ruhig.“

„Sie ist bei einem Autounfall gestorben, als sie mit ihren Eltern in den Urlaub fahren wollte.“
„Oh.“

„Oh, cool. Guck mal Paps. Mein erster Fisch. Cool, oder?“
„Jo.“

Paps ist manchmal wie ein versiegeltes Buch. Ich weiß nicht viel aus seiner Vergangenheit. Er erzählte mir aber, dass er kurz davor war, in eine Gang zu gehen. Paps und Gang? Wow. Er meinte, er fühlte sich immer allein.
Daraufhin zieht auch Paps noch einen prächtigen Fisch aus dem Wasser und wir bemerken, dass sich an dem Haus heute nichts mehr tut.

Also brechen wir so langsam ab. Midlifecrisis. Eindeutig.

Mich würde trotzdem das Leben von Paps interessieren. Und auch das von Mam. Vielleicht werde ich es ja eines Tages erfahren. Ich frage mich sowieso, wer Jimmy wirklich ist. Warum versteckt er sich? Paps ist seitdem so ruhig. Weiß er vielleicht doch mehr, als er zugeben möchte?
„Na, du. Irgendwie habe ich das Gefühl, du wirst immer schwerer. Puh. Obwohl. Wenn ich so weitermache, kann ich dich bald mit einer Hand stemmen, haha.“

Ich frage Paps, ob er mir nicht die Nummer von Colin geben kann. Er mag es nicht so, wenn man über seine Mandanten redet oder eben mit ihnen redet. Aber vielleicht ist es auch mal ganz cool, dass ich mich da melde. Irgendwie hat es ihn ja schon interessiert, was ich so mache. Ganz ungewohnt.
Als ich ihn jedoch anrufe, geht keiner ran. Versuche ich es später nochmal. Und dann kommt von einer fremden Nummer eine SimsApp Nachricht mit einem „Hi.“ Ich finde schnell heraus, dass es Katharina ist.

Puh, nur wie antworte ich jetzt?