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  • Kucki 232

Folge 32 - Wie soll ich euch beschützen?


 

Erste Sommerwoche: Montag

Geburtstag: keiner

Event/Feiertag: keiner

Erzähler/in: Marc

 

Puh, verdammt. Schon so spät? Ich möchte mich doch mit Valentino treffen. Mist. Hab ich vergessen, Emily Bescheid zu geben, dass sie mich ruhig wecken soll? Na ja, anscheinend. Sie ist nämlich ganz gemütlich in der Küche am Putzen und hat schon alles soweit fertig. Selbst die Kinder sind in der Schule.

„Ich wollte mich mit Valentino treffen. Hab ich das vergessen zu sagen? Hey, es ist total lieb und so, dass du mich liegen lässt, aber heute muss ich dann doch mal früh raus. Ist es denn okay? Kommst du klar?“

Sie strahlt mich gerade so an. Das hat sie schon lange nicht mehr so gemacht. Sie steht da einfach nur und strahlt mich an. Ist das nun ein „Ja“?

Ich bin etwas irritiert: „Äh. Ja, ich geh’ dann mal. Ich beeil’ mich und dann helf’ ich dir hier, okay? Ich, äh. Ich lieb dich.“

Schon süß, dieses Mädchen, aber ich weiß auch, wie es ihr aktuell gehen muss. Genau deswegen möchte ich mich mit ihrem Bruder treffen.

„Bis später dann.“

Also geht es hoch zu unserem Treffpunkt. Der Ort ist echt mein zweites Zuhause. Kann man mal sehen. Ich hoffe, ich bin nicht zu spät. Ich beeile mich und gehe sofort ins Häuschen.

Bis ich plötzlich eine Stimme hinter mir höre: „Warte. Ich bin auch nicht mehr der Schnellste. Puh. Warte doch“, sagt Valentino ganz außer Atem. Ups, ich dachte, ich wäre voll spät. Glück gehabt. Weil „zu spät kommen“ gibt es bei mir nicht. Ein Detektiv darf nie zu spät kommen.

„Entschuldige. Ich dachte, ich wäre zu spät und hab mich halt beeilt.“ Wir nehmen uns in den Arm. Valentino ist ein sehr guter Freund geworden. Wir haben schon ziemlich viel durch. Beruflich und privat. Er ist ein guter Zuhörer und sieht immer zu, dass es allen gutgeht.

Wir setzen uns erstmal hinten auf die Steine. Es ist gerade wirklich wunderbar, hier oben. Warum also reingehen? Unterm Baum ist es sehr angenehm, trotz der Hitze wieder heute.

Ich schaue ihn an und sehe sofort, dass er nicht so ganz auf dem Damm ist. Er schaut mich total traurig an.

„Hey. Ist denn alles gut mit dir? Du schaust wie drei Tage Regen.“

„Na ja, was soll ich sagen? Ich bin alt und kann nicht mehr arbeiten. Die Kanzlei geht den Bach runter, weil wir jetzt einen neuen Chef haben. Was mir ja egal sein sollte, weil ich ja jetzt eh in Rente gehe. Aber Marc. Ich habe den Job gern gemacht.“

„Ich weiß. Aber sieh es positiv. Du kannst jetzt die Füße hochlegen und dir mit Sven noch ein Bierchen gönnen. Hat doch auch was Gutes.“

Plötzlich steht er auf und schaut mich an, als hätte ich jetzt was Falsches gesagt. Habe ich denn was Falsches gesagt?

„Valentino. Ich. Sorry.“

„Du weißt, wie ich den Job liebe und wie ich unsere Zusammenarbeit immer geschätzt habe. Ich kann das einfach nicht so hinschmeißen. Und jetzt, wo auch meine Schwester noch in Gefahr ist. Marc. Selbst ich verstehe langsam, was los ist und ich sage dir, dass das nicht gut ist. Versprich mir, dass du sie beschützt, wenn ich das nicht mehr kann, okay? Und sie soll von Miguel und Ramon fernbleiben. Hör zu. Ich habe nämlich rausgefunden, dass die beiden Kinder aus Glimmerbrook stammen. Na ja. Eigentlich. Ihre Mam kommt aus Glimmerbrook. Yvonne Collette. Ihr Vater war ein Geisteskranker. So viel weiß ich schon. Wir haben sie gestern tot im Wald gefunden. Das ist eindeutig die Mutter. Marc, hier stimmt was ganz und gar nicht und mich nervt das.“

Na ja. So ein bisschen schlucken muss ich dann doch, auch wenn ich nicht weiß, wer dieser Geisteskranke da sein soll. Hat der etwa auch was mit den Zirkusclowns am Hut? Aber das ist gerade egal. Mein Freund ist fertig mit der Welt, also versuche ich ihn aufzumuntern.

„Klar, du kannst auf mich zählen. Ich schaukel das und pass gut auf alle auf. Hier kommen keine Melonenmänner mehr ins Haus und auch keine Geisteskranken.“

„Danke Marc. Du bist echt schwer in Ordnung. Mir ist halt nur wichtig, dass Emily sich davon fernhält. Ich spüre, dass es unserer Familie sehr geschadet hat. Manchmal habe ich Träume. Träume von brennenden Häusern und einem Mädchen mit weißen Haaren. Ich weiß nicht, was das jetzt soll.“

Valentino nimmt mich dankbar in den Arm.

„Wie geht es eigentlich mit deiner Detektei voran? Hast du da schon was Neues?“, fragt er mich.

Ich zücke mein Handy und zeige ihm die Bilder von der Immobilie, die ich mir ausgesucht habe. Dort muss aber noch viel gemacht werden.

„Hm, wieso baust du dir nicht eine Detektei bei euch auf dem Grundstück? Ich würde dir eh empfehlen, nicht mehr für die Kanzlei zu arbeiten. Der Chef ist ein Arsch. Ganz ehrlich. Mein Kumpel hat da jetzt auch aufgehört. Mach doch dein eigenes Ding und du kannst immer bei deiner Familie sein und auf sie aufpassen. Wenn du möchtest, gebe ich dir auch all meine Klienten. Sie haben es verdient, gute Hilfe zu bekommen. Mein Kumpel würde sogar auch noch für dich arbeiten, meinte er letztens. Er will sich selbstständig machen. Wäre doch ein cooles Team, oder nicht?“

„Äh, bei mir zuhause?“

„Ja, warum nicht?“

„Hm.“

Darüber muss ich mal nachdenken. Aber ich brauche halt immer Ruhe in meinem Job. Es gibt ja dann auch viel Papierkram, weil ich ja dann alles allein mache. Aber wenn ich natürlich mit einem Anwalt zusammenarbeite, dann wäre das doch auch ganz cool. Hm.


„Kaffee?“, frage ich Valentino, als er sich nach drinnen gesetzt hat. Langsam wird es doch etwas heiß draußen.

„Ja klar. Immer her damit.“

Ich gieße uns was ein und denke derweil nach. Valentino vertraut mir da ganz schön was an.

„Du warst stets ein guter Freund für mich, Marc und du warst sogar kurze Zeit mein Sohn. Mir ist es wichtig, dass du das alles übernimmst. Dass du auf meine Familie aufpasst.“

Herrje. Dieser Blick wieder dabei. Er tut so, als würde er morgen sterben. Das tut mir gerade doch etwas weh.

Und da ist es wieder. Schaut ihn euch an. Wie soll ich da bitte reagieren?

„Hey, nun übertreib mal nicht. Wir werden noch eine schöne Zeit haben und vielleicht finden wir ja noch gemeinsam was über Emilys Vergangenheit raus oder was auch immer. Wir sind ein Dreamteam.“

„Marc, das ist Fakt. Schau mich doch an“, unterbricht er mich plötzlich.

Alles klar. Jetzt reicht es. Ich muss kurz raus und nachdenken. Mein bester Freund steht da vor mir und bei ihm schlagen schon die Kirchenglocken ins Jenseits und dann ist da noch die Sache mit den Clowns und den Kindern. Wie soll ich so bitte meine Familie beschützen? Ich weiß ja noch nicht mal, gegen was ich da kämpfe.

Selbst mir kommen die Tränen. Nein. Aus. Vorbei. Schluss jetzt, Marc. Reiß dich zusammen. Kurz den Mist wegwischen und dann wieder rein da. Vielleicht kann ich Valentino ja beim Kicker ablenken. Hilft immer auf magische Weise. Also auf geht's.

Schließlich möchte ich Emily dann aber auch nicht mehr so allein zuhause lassen. Sie freut sich schon sehr auf den Urlaub nächste Woche. Von Mittwoch bis Sonntag werden wir nach Selvadorada fahren und einfach mal alles nach hinten schieben. Einfach hinter uns lassen.


Wir gehen noch zu uns und meine Frau ist gerade im Garten. Als sie ihren großen Bruder sieht, muss sie direkt hin.

Und ich verpiesel mich erstmal in die Werkstatt. Irgendwas muss ich jetzt bauen. Und Nachdenken. Soll ich die Detektei wirklich hier aufbauen? Morgen werde ich dann auch mal zum Polizeirevier und schauen, ob ich was über diesen Collette rausfinde.

Als ich fertig bin, gehe ich zu den beiden und frage einmal nach.

„Was würdest du denn davon halten, wenn ich die Detektei hier aufbaue, Emily? Wäre das okay?“

Weil Platz hätten wir ja noch mehr als genug.

Ich könnte aber immer in der Nähe meiner Familie sein und selbst entscheiden, wann ich was mache.

Doch jetzt werde ich erstmal ins Haus gehen, da meine Familie mich braucht. Wir sehen uns.

Ach ja. Emily würde es in Ordnung finden, wenn ich hier mein Büro bauen würde. So sieht sie dann besser, ob ich noch lebe, meint sie. Haha.


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