- Kucki 232
Folge 37 - Ein normaler Montag?

Am nächsten Morgen muss Mam mir erstmal berichten, was sie gestern so in Henford erlebt hat.
„Hihi. Maximilian ist so süß. Er kommt jetzt bald in den Kindergarten und mag gerne Schokotorte. Und kannst du dir vorstellen, dass er schon Dreirad fahren kann?“
Maximilian ist mein kleiner Neffe. Der Sohn von Joshi. Also nicht der Maximilian aus der Schule, haha. Das gibt Kopfkino, wenn er Dreirad fahren würde.

„Und dann hat er mir Blümchen gepflückt, was total süß war. Sie haben es da echt schön. Nächstes Mal musst du einfach mal mitkommen. Dort kann man schön spazieren gehen und so.“

Das Problem bei Mam ist gerade, dass sie mich nicht zu Wort kommen lässt und ich nicht erzählen kann, was mir denn gestern passiert ist. So ist es auch bei Paps. Nur bei ihm geht es nicht um Henford, sondern um Jimmy und den Fall.
„Weißt du? Ich habe viel recherchiert jetzt und das wird ein ganz dicker Fisch. Das sage ich dir jetzt schon. Viel weiß ich zwar noch nicht von diesem Onkel, aber er hat sowas von eine reine Weste, dass ich einfach nicht tiefer graben kann. Aber weißt du was? Vier Augen sehen mehr als zwei und wir werden den Fall lösen, oder?“
„Klar.“

Tja. Und dann muss ich auch schon los und die beiden erfahren nicht, dass ich eine angehende Freundin habe. Oder ist das schon meine Freundin? Puh, das wäre doch etwas früh. War ich gestern vielleicht etwas zu schnell? Na ja. Dann erfahren meine Eltern es eben später. Ich muss nämlich los.
Und dann so mieses Wetter in Copperdale. Tja. Der frühe Herbst lässt grüßen. Aber egal. Wenn ich gleich wieder Katharina sehe, dann ist der Regen auch egal.

Ich muss immer an diesen Kuss denken. Und je näher ich an die Eingangstür komme, desto nervöser werde ich. Habe immer noch etwas Angst, dass alles zu schnell war und sie es sich anders überlegt oder so. Bin eh gespannt, was mich hier heute erwartet. Ich versuche jetzt rauszufinden, was mit Aurelie ist. Einen kleinen Verdacht habe ich schon. Hat sie etwa jemand begrabbelt? Sich an sie vergangen? Das wäre richtig übel. Nur wer? Der würde sich warm anziehen können. Nein, doofe Gedanken. Aber was für ein Hin und Her gerade.

Auf jeden Fall ist es hier schon mal gemütlicher. Die anderen haben sich alle in die Mensa verpieselt. Wieder dasselbe Bild. Die letzten Berichte, wie jeden Montag. Maximilian muss immer grinsen. Haha und ich auch. Dreirad und so.

Katharina sichte ich jedoch noch nicht.


Der übliche Montag. Bis ich schließlich oben auf die Bühne schaue. Katharina steht dort mit Raina. Ich sollte mir angewöhnen, erstmal immer da hochzuschauen. Aber sie geben keinen Mucks von sich. Die beiden sind in der Theatergruppe. Oben wird immer alles durchgegangen.
„Hey, Joel, hihi. Guten Morgen.“
Höre ich sie sagen und in dem Moment klappe ich hastig mein Buch zu.
„Hey. Na.“
Boah. Ich merke gerade, dass ich mich hätte rasieren können. Will ja nicht wieder so rüberkommen, wie gestern. Nervt immer, das blöde rasieren.

„Wie war dein Tag gestern noch so?“
„Äh, toll. Ja.“

Ich gehe zu den beiden hoch und Raina kommt sofort an und umarmt mich.
„Glückwunsch, euch beiden. Ich freu´mich voll für euch. Das war ein Bild für die Götter und ich hoffe, es ist nicht schlimm, dass ich euren Kuss im Status gepostet habe. Das ist eben echt der Renner. Wirklich. Voll krass.“
„Äh, wie bitte? Status?“
Das hat sie doch jetzt nicht wirklich gemacht? Habe noch gar nicht auf mein Handy geschaut heute. Wie auch, wenn man fast verpennt hätte?

Und dann knuddle ich Katharina eine Runde.
„Du siehst gut aus. Steht dir.“
„Danke. Mein Rock wird langsam etwas zu luftig, hihi.“
Aber so im Augenwinkel bemerke ich, dass Raina doch etwas eifersüchtig scheint. Na ja, was soll ich machen? Ich fange bestimmt nicht mit allen was an. Ih, nein.

Denn auch Alex geht an uns vorbei, als hätten wir jetzt was Falsches gemacht.

Und so versuche ich, diesen Tag irgendwie rumzubekommen. Also nicht, dass es jetzt doof ist hier zu sitzen und Katharina anzustarren, die in Bio leider etwas zu weit weg sitzt.

Nein, es ist der Gedanke, dass ich wissen möchte, was mit Aurelie passiert ist und ich absolut nichts bemerke. Sie meinte, wenn sie es sagen würde, dann würde es nur böses Blut geben. Also muss sie jemand angegrabbelt haben oder so? Aber es sind noch alle da. Ich glaube nicht, dass derjenige jetzt noch in der Schule sitzen würde. Und das andere ist, dass ich Paps helfen möchte. Er vertieft sich immer mehr an seinem PC und auch in den Akten. Und ich sitze hier und langweile mich.
Na ja. Nicht so ganz. Ein bisschen was Schönes hat der Tag dann doch nach der zweiten Stunde.
„Hey. Könntest du mal bitte aufstehen? Ich glaube, ich habe da vorhin noch was vergessen.“

„Ich habe dich noch gar nicht geküsst. Da das ja eh jetzt weiterverbreitet in einem Status steht, kann ich das hier wohl auch mitten in der Klasse machen, oder nicht? Oder wäre das zu schnell und so? War das gestern zu schnell? Sorry, dafür ich .....“
„Nein, das war nicht zu schnell.“
Und flupp, liegen meine Lippen auf ihren. Einige fangen an, zu jubeln.

Mir total egal, was die anderen sagen. Fakt ist, dass Katharina ein Traum ist, doch diesen Traum hatte ich nur zu spät.

Einer der Jubelnden ist Max. Er hat mir vorhin angeboten, ihn Max zu nennen. Keiner macht sich die Mühe, seinen Namen voll auszusprechen oder zu schreiben. Und er meinte, seine Kumpels sagen alle Max. Okay. Cool.
„Haha, ihr beiden. Ihr seid voll schräg, aber echt schon cool.“

In der Pause sitzen wir auch zusammen. Warum auch nicht? Ich genieße ihre Nähe richtig. Wollen uns auch bald mal treffen und richtig kennenlernen. Klar, erfährt man jetzt sowas zwischendrin, aber um sie nach ihren Interessen zu fragen, bleibt in der Schule viel zu wenig Zeit.
„Wie wäre es am Wochenende? Hast du da Zeit?“

Was mir aber auffällt ist, dass Svenja kein Wort mit uns redet. Sie haut sogar ab. Boah, was soll das denn jetzt? Nur Herr Müller setzt sich noch zu uns.

Na dann soll sie halt gehen.
„Joel? Ich muss mit dir bald mal sprechen. Ich weiß ja nicht, ob du darüber schon nachgedacht hast, vorzeitig deinen Abschluss zu machen, aber ich muss das bald wissen.“
Ich glaube, die Antwort hat sich eh gerade erledigt, wenn ich mir Katharina so anschaue. Warum soll ich jetzt schon die Schule abschließen? Dann sehe ich sie ja noch weniger.

„Ich überlege es mir, aber ich denke nicht. Mir gefällt es hier und warum sollte ich das jetzt aufgeben?“
„Okay. Deine Entscheidung.“
Ist doch so. Man ist nur einmal Teenager und das will ich voll und ganz ausschöpfen. Na klar. Manchmal reizt es mich dann aber doch, mit Paps im Job umherzuziehen, aber es sind doch eh nur noch zwei Jahre. Die bekomme ich auch noch rum.

Irgendwo dann ja schade, dass schon Schulschluss ist. Wäre hier gern noch bei Katharina geblieben. Sie hat mir erzählt, dass sie ein Praktikum in einer Grundschule macht. Sie ist sich noch nicht sicher, ob sie Lehrerin werden möchte oder Künstlerin. Habe schon gesehen, dass sie richtig gut malen kann. Wirklich schön.
Also fahre ich nach Hause und stelle schnell fest, dass auch hier das Wetter richtig scheiße ist. Wieder so ein öder Tag, wo man eigentlich nur zocken will.

Als ich ins Esszimmer komme, sehe ich, dass Paps hier ordentlich was gemacht hat. Mam ist sehr lange arbeiten und so hat sich Paps eben um alles gekümmert. Schön gemütlich hier jetzt.

„Kann ich dich kurz sprechen? Es ist wichtig.“

„Äh, klar. Und du. Sieht übrigens cool aus. Sogar mit Ofen. Echt cool.“
„Danke. Erstmal. Wie war dein Tag so?“
„Boah. Die sind alle voll eifersüchtig, dass ich jetzt mit Katharina ähm ....zusammen?! .... bin. Das ist doch voll Kinderkram.“

„Moment. Du bist mit Katharina zusammen? Was habt ihr hier bitte gestern getrieben?“

„Äh, nein. Also nicht richtig zusammen. Also, wir kennen uns noch gar nicht richtig und ähm. Na ja. Äh. Haben uns geküsst und so und ähm. Und jetzt wollen wir uns öfter treffen.“
„Okeeeeee. Da ist man mal kurz für einen Tag weg und mein Sohn haut hier die Frauen um. Alles klar. So. Aber nein. Mal was anderes. Wir müssen vorsichtig sein im Fall Jimmy. Ich weiß nicht, was der Onkel da für einer ist, aber er hat ordentlich was zu melden. Als ich recherchieren wollte, hat sich plötzlich ein Virus versucht, einzuschleusen. Keine Ahnung, was da los ist, aber das ist wirklich ein dickes Ding. Ich habe ja mal versucht, was über ihn rauszufinden und die haben alles sofort aufgelegt. Egal, ob Ämter, Polizei. Nichts. Natürlich habe ich verdeckt ermittelt, aber irgendwas sagt mir, dass ich die Finger von lassen soll. Aber das kann ich doch nicht machen.“

„Dieser Typ will auf jeden Fall nicht auffliegen. Nur warum? Hat der so viel Dreck am Stecken, dass er die ganze Stadt manipulieren kann?“

Puh, das hört sich wirklich gewaltig an und irgendwie habe ich langsam doch etwas Schiss. Jimmy war ein normaler Mann und verliert plötzlich seine Frau und lebt auf der Straße. Doch was passiert mit uns, wenn wir weiter nachforschen? Trotzdem darf ich Paps gerade nicht hängen lassen. Jetzt ist wieder so der Moment, wo ich sage, dass ich die Schule doch schon abschließe.
„Egal was ist, Paps. Ich helfe dir und wir werden schon aufklären, was dahintersteckt.“

„Ich will unsere Familie nicht in Gefahr bringen. Das würde ich nicht verkraften.“
„Ich weiß, Paps.“
Der Fall geht ihm wirklich nahe. Und ich möchte einfach nur noch für ihn da sein.
„Hey, komm´mal her, Paps. Ich bin am Überlegen, schon meinen Abschluss zu machen und studieren zu gehen. Irgendwie habe ich langsam das Gefühl, dass es mir immer wichtiger wird, dir zu helfen. Du musst da nicht allein durch.“

„Nur erzähl deiner Mam noch nichts davon, bitte. Sie macht sich nur unnötig Sorgen. Ich muss erstmal schauen, wie es weitergeht. Ich hatte zwar schon manchmal recht krasse Fälle, aber das scheint alles zu übersteigen.“
Wie auch immer: Ich bin dabei. Aber jetzt schon die Schule verlassen? Mann. Ich weiß es einfach nicht. Irgendwie ja, aber irgendwie auch nein. Aber Paps braucht mich. Selbst meine kleine Schwester könnte in Gefahr geraten.

Und da ist sie noch so unschuldig.
