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  • Kucki 232

Folge 44 - Konzentrier´ dich


 

Die erste Nacht ohne Emily ist eine Qual. Ich schaue ständig auf ihre Bettseite rüber und bemerke, dass sie genauso leer ist, wie dieses Zimmer hier. An schlafen kann ich gerade nicht wirklich denken.

Ich bin immer kurz davor, mich bei ihr zu melden. Gehe Dinge durch. Die letzten Tage. Was war alles anderes? Und warum? Liegt es an mir? Habe ich Fehler gemacht? Nur welche? Sie fehlt mir.


Durch das Babyphon höre ich Michelle. Wenigstens fühle ich mich gerade nicht ganz so einsam und hilflos. Ich habe kurz Ablenkung. Na ja. Wirklich?

Mein Kopf brummt. Nehme ich mir gleich eine Simserin und dann sollte es gehen. Michelle klingt gerade so laut. Alles klingelt. Meine Augen brennen und ich weiß nicht mal, welches Jahr wir haben. Aber ich möchte mich zusammenreißen. Es tut mir so leid, dass ich bei meiner kleinen Tochter so laut wurde. Was bilde ich mir überhaupt ein?

„Hey, Süße. Hab dir was mitgebracht. Schau mal. Kleine Nachteule du.“

„Ich weiß doch. Du liebst Banane. Aber nicht so schnell. Schön langsam.“

Als ich Michelle wieder ins Bett gelegt habe, bleibe ich noch eine Weile bei ihr und schaue sie an. Ich denke an die alte Zeit zurück. Wo ich Emily zum ersten Mal gesehen habe und so hin und weg war. Und wir bekommen sieben Kinder zusammen. Sowas hätte ich im Leben nie geglaubt. Dann soll plötzlich alles vorbei sein? Nein. Ich muss mit dieser Frau reden. Vielleicht hat sie ja auch ein Problem und kann nicht drüber reden. Wird sie bedrängt? Genötigt? Ist ihr was peinlich? Sie kann doch über alles mit mir reden.

Gestern Nacht lag sie noch in meinen Armen. Glaube ich zumindest. Weiß ich gar nicht. Normal war das ja immer so. Und was ist jetzt? Ich mag gar nichts ins Bett. Vielleicht schaue ich noch fern oder so. Hmpf.

Am nächsten Morgen sieht es nicht anders aus. Tja. Ich dachte ja erst, dass alles nur ein böser Traum war. Vielleicht ist Emily ja nur früher zur Arbeit und ich habe es nicht mitbekommen.

Joel hat heute seinen letzten Praktikumstag, was ich aber doof finde. Normal hätte er jetzt noch mindestens drei Wochen. Ich könnte ihn jetzt gut gebrauchen. Einige Eltern haben sich ja schon beschwert, dass alle nun drunter leiden müssen, nur weil ein paar schwänzen würden. Das geht so nicht. Immerhin fördert das nicht gerade die Zukunft jener, die etwas dafür tun wollen. Vielleicht gehe ich ja mal in die Schule und haue auf den Tisch.

Und dann schießt wieder Emily durch meinen Kopf. Schon ist der Tag hinüber. Ich bin ein Wrack. Von hier auf jetzt. Ich mag einfach nicht mehr.

„Hey. Ich weiß einen Witz. Sagt die 0 zur 8: „Schicker Gürtel!“

Doch so wirklich lachen kann ich darüber jetzt nicht, auch wenn Joel es nur gut meint.

„Och, Paps. Komm´schon. Mir fehlt Mam doch auch. Glaub mir. Ständig zerbreche ich mir den Kopf darüber, was passiert sein könnte. Ob sie vielleicht von jemandem bedrängt wird? Mam würde dich doch niemals einfach so verlassen.“

Wenigstens haben wir die gleichen Gedanken. Er wird ein guter Detektiv.


Ich räume den Tisch ab und schaue nach Michelle. Anschließend versuche ich, mich bei allen Mandanten zu melden. Möchte mich für die Umstände entschuldigen und werde mich bald melden. Sehe sogar, dass mir Alex eine Mail geschickt hat. Er hat wohl Neuigkeiten über Jimmy. Muss ich mal anrufen. Das ist ja auch noch. Mich trifft es im Moment Schlag auf Schlag.

Viele neue Anfragen sind eingetrudelt, aber ich brauche einen klaren Kopf. Es bringt nichts, auf der Lauer zu liegen, wenn seine Ehefrau einem ständig durchschwirrt. Ein Fehler und alles ist geplatzt.

Ich rufe Alex an. Natürlich interessiert mich, was er über ihn rausgefunden hat. Ich hatte zwar jetzt nicht so die wirkliche brüderliche Bindung oder sowas, aber er war schon ein guter Freund, bevor ich überhaupt irgendwas wusste.

„Hey, Alex. Sorry, dass ich mich erst jetzt melde, aber ... Ich glaube, ich muss mich ein paar Tage ausklinken.“

„Hmm? Okay?! Nein. Ich ähm. Ich habe nichts gesehen. Habe ihn nicht mal angerührt. Messerstiche?“

Ich versuche, mich zu konzentrieren. Das wird ja immer bekloppter. Jimmy wurde anscheinend erstochen. Er wollte doch untertauchen. Hat man ihn erwischt?

„Ja, natürlich kannst du vorbeikommen. Dann reden wir. Und nein, bei mir ist alles okay. Ich heule gar nicht. Nein, alles gut. Wirklich.“

„Ja, ich muss dann schauen, wie es weitergeht. Ich weiß. Ja. Okay. Also bis später, Alex.“

Also, wenn Jimmy ermordet wurde, dann werde ich den Mörder finden. Und ich werde den Mann finden, der mir meine Frau weggeschnappt hat. Ich weiß nicht, wie er sie um den Finger gewickelt hat, aber Emily ist meine Frau. Ich liebe sie und ich werde um sie kämpfen. Oder ich bilde mir alles nur ein und sie braucht wirklich nur mal eine kleine Auszeit. Aber komme, was wolle: Ich werde die Wahrheit rausfinden. Irgendwie.

Mein Sohn und ich schlagen uns schon durch. Wir sind stark. Und das werden wir jedem zeigen.

„Hey, lass das. Das ging voll ins Auge, haha. Du bist doch eine Verrückte. Matschebaby.“

Und ich mache derweil die schönsten Kerzen aller Zeiten und versuche mich zu konzentrieren.

Nur: Warum passiert alles jetzt? Erst wird Jimmy ermordet und dann haut meine Frau ab. Gibt es vielleicht Zusammenhänge? Möchte vielleicht MIR jemand was anhaben wollen? Hm. Das kann ich mir einfach nicht vorstellen.

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