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  • Kucki 232

Folge 45 - Ablenkung


 

Und nun sitzen wir hier und keiner sagt was. Wir schauen uns an und überlegen, ob wir jetzt über die Sache reden sollen oder nicht. Kurz ist dann der Ansatz da und dann kommt doch nichts raus. Es ist vielleicht auch besser so.

Bis ich dann auf eine Idee komme:

„Paps? Wollen wir nicht ins Fitnessstudio? Das lenkt uns doch bestimmt richtig gut ab. Oder meinetwegen auch irgendwo anders hin.“

„Äh, nö. Ich gehe doch nicht in die Nähe von unserem ersten Treffpunkt. Pah. Nö. Ganz bestimmt nicht. Meinst du, das würde das jetzt besser machen?“

„Äh, was? Aber.“

„Nein, du hast recht. Komm! Wir gehen! Ich muss raus aus dieser Bruchbude.“

Eben blieb mir doch kurz der Atem stehen. Dachte jetzt, dass ich es voll verbockt habe. Ich weiß doch nicht, wo Paps überall mit Mam war. Kann ich doch nicht wissen. Aber da? Okay. Wusste ich nicht.

Ich frage, ob Katharina Zeit hat, da sie ja so gern mal auf Michelle aufpassen möchte. Keine fünf Minuten später, war sie dann da, haha. Sie ist schon eine Süße. Wir lernen uns jetzt auch immer mehr kennen. Und je mehr wir von dem anderen erfahren, desto verliebter sind wir danach. Sie hätte nie gedacht, dass ich eigentlich so ein lieber Kerl bin. Eher so ein Draufgänger, der schon viele Mädels hatte.

„Komm nochmal her, du kleine Stinkebombe.“

Und so ziehen wir los. Irgendwas müssen wir jetzt einfach tun. Zuhause zerfressen einen nur die Gedanken. Auch doof. Ich versuche mir aber nicht anmerken zu lassen, wie niedergeschlagen ich eigentlich bin. Ich möchte für Paps stark bleiben. Mam kommt doch bestimmt eh bald wieder. Sie hat doch nur eine Phase oder sowas. Paps weiß das selbst.

Wir sagen trotzdem weiterhin nichts.

Paps geht schließlich dann wortlos nach oben und beobachtet genau, was ich mache. Aber lieber schweige ich mich mit Paps jetzt so an, als wenn wir total in Kummer verfallen. Ja, ist doch so. Ich finde es gerade mega schön, überhaupt mit ihm hier zu sein. Ist doch egal. Es scheint uns ja irgendwie gutzutun.

Es ist erst halb elf durch und somit ist noch nicht so viel hier los. Egal. Ich finde es eh besser, wenn nicht alles so überfüllt ist. Ich möchte mein Ding hier machen und das drumherum interessiert mich gar nicht.

Zumindest meistens nicht, haha.

Manchmal frage ich mich wirklich, was hier für Vögel rumlaufen. Waren wohl vorher noch nie im Fitnessstudio. Tun immer so, als wären sie ein Armin Weißenegger und dann geht ihnen schneller die Puste aus, als dass das Laufband gerade mal erst richtig warm wird.

Und genau deswegen blende ich alles aus und mache mein Ding. Paps ist eh mein größter Trainer. Er haut sich seinen ganzen Frust wohl gerade in den Sandsack rein. Aber sowas soll helfen.

Derweil hat man dann noch einen schönen Ausblick. Echt total cool.

Und doch auch in mir steigt irgendwann eine Wut hoch, die ich noch nicht so zuordnen kann. Ich habe das Bild von gestern vor Augen. Als Mam da an der Tür stand und einfach so abhaut. Ohne auch nur einmal die Miene zu verziehen. Es kommt mir vor, als wäre es schon ewig her, dass Mam ihre Sachen packte und verschwand. Nein. Es war erst gestern. Seitdem ziehen sich die Tage aber wie ein Gummiband. Und je mehr es sich zieht, desto mehr macht Paps sich einen Kopf darüber, was er falsch gemacht haben könnte. Und ich langsam auch.

Die Gedanken von Paps möchte ich gerade nicht wissen.

Irgendwann lässt er einen lauten Schrei los und knallt die Handschuhe in die Ecke. Er geht nach unten. Später als ich duschen möchte, sehe ich, wo er gelandet ist. Ich bin so hilflos und weiß einfach nicht, was ich noch tun kann, damit es Paps besser geht.

Die richtigen Worte fehlen einfach.

Als wir das letzte Mal noch hier im Fitnessstudio waren, da haben wir gelacht und viel geredet. Jetzt: Nichts. Einfach nichts. Mam scheint ihr Handy auch auszuhaben. Es kommt einfach nichts zurück. Was soll das alles jetzt? Wie ein kleines Kind führt sie sich auf. Bäh.

Ich zucke zusammen als Paps „Kommst du!?“ sagt.

Na ja. Ein Versuch war es wert, mit Paps jetzt hier hinzugehen. Mir tat es auf jeden Fall gut.

Und ihm doch bestimmt auch.


Zuhause angekommen, sehe ich, dass Michelle schläft. Katharina sitzt vor dem Fernseher und hat sogar etwas aufgeräumt. Ja, ich gestehe, dass hier seit gestern das ein und andere rumliegt, aber so chaotisch ist es jetzt auch wieder nicht. Also, es geht noch, denke ich.

Als ich ins Wohnzimmer gehe, redet Paps auch gerade mit ihr. Immerhin hat er heute schon mal mehr mit ihr geredet, als mit mir. Das Mädchen scheint ein kleines Wunder zu sein. Wirklich. Ich bin gerade doch sehr erstaunt.

„Also, ich denke, dass ich alles so weit hinbekommen habe und ich kann auch gern wieder vorbeikommen. Das, ähm. Ja, das würde ich gern machen und ähm. Nun ja.“

Ich muss grinsen, weil sie plötzlich ins Stocken gerät, als ich sie so anschaue.

Schließlich steht dann Paps auch auf und knuddelt mich durch. Okay. Jo. Das hat er noch nie gemacht. Also nicht so. Wow. Kann das jemand mal aufzeichnen?

„Hey, danke, Joel. Ohne dich würde mir hier gerade so ordentlich was um die Ohren fliegen. Auch Joshi und Emilio. Ich freu’ mich, dass ihr alle da seid. Das erdrückt mich gerade alles, aber ich denke, dass Emily nur eine Phase hat. Und bald ist alles wieder gut.“

„Das denke ich auch, Paps. Mam würde nie plötzlich so einen Sinneswandel haben.“

„Und ihr beiden passt echt gut zusammen. Meinen Segen habt ihr und ich würde euch sehr wünschen, dass das, was mit euch wird. Es ist einfach schön, verliebt zu sein. Ja, das ist es.“

Da haut Paps mich jetzt erst richtig mit um. Nun weiß ich gar nichts mehr.

„Als ich Emily kennenlernte, da war ich so alt wie du. Waren schöne 20 Jahre. Wirklich schöne.“

Und dann geht Paps einfach so raus.

„Äh.“

Er kann doch jetzt nicht einfach sowas sagen und dann gehen? Uff. Selbst Katharina ist gerade etwas baff.

„Nun ja, hihi.“

Kurze Zeit später kommt er aber wieder zu uns.

„Ist es okay, wenn ich zu Alex gehe? Kommst du klar, Joel?“

„Ähm. Ja ja, äh. Ich denke. Klar. Mach du mal. Ist okay. Ich pass’ dann auf Michelle auf und so.“

„Okay, danke. Bis dann. Wenn es später wird, dann melde ich mich. Aber rechne heute nicht mehr mit mir.“

Ich hoffe dann aber, dass Paps jetzt nichts Unüberlegtes macht. Ich weiß nicht, ob er jetzt bei Alex Ablenkung sucht oder ob er den Fall Jimmy mit ihm durchgeht. Aber Paps und übertreiben? Hmm, nein. Doch was sagt die aktuelle Situation? Hmpf.


Und ich sitze dann eben mit Katharina hier so rum. Immer noch ordentlich durchgewühlt durch die Worte von Paps.

Weil, eigentlich ....

„Hihi, lass das.“

„Ah, du bist da kitzelig? Gut zu wissen.“

„Ist da nicht jeder kitzelig?

„Nein, ich nicht.“

„Ach, ja? Hihi.“

Wir schauen uns dann auch nur an und gerade vergesse ich wirklich alle meine Sorgen. Wirklich alles. Ich sehe gerade nur Katharina. Diese Augen. Wow. Und sie riecht total gut.

Bis wir dann aber schließlich doch zur Besinnung kommen und es auch weiterhin langsam angehen lassen wollen. Es ist einfach ein mega Gefühl, so verliebt zu sein. Erst bekommt man so viele Rosen geschenkt, aber dann ist es nur dieses eine Mädchen, dass mir total den Kopf verdreht hat.

Und nun hoffe ich darauf, dass Morgen Mam vor der Tür steht und alles seinen gewohnten Lauf nimmt.

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