- Kucki 232
Folge 51 - Schule und andere Wehwehchen

Yes. Es dauert nicht mehr lange, da bin ich 18 und dann bin ich ein Mann und ich fühle mich auch langsam so. Also meistens. Auch wenn es nur eine Momentaufnahme ist, aber lasst sie mir bitte.

Ich bin nämlich immer noch am Überlegen, wie ich das Paps jetzt sagen soll, mit Mam. Warum soll ich das denn machen? Sie ist doch abgehauen, also muss sie das auch geradebiegen. Mal schauen.
Beim Frühstück erzählt mir Paps auch, dass er einen neuen Fall hat und er jetzt langsam wieder anfängt zu leben. Er mag kein Drama. Kann ich voll und ganz verstehen. Also, kein Drama in den eigenen vier Wänden, versteht sich. Sonst wäre sein Job ja recht fehlgeleitet, würde ich sagen.
„Der Kleine ist sogar Autist. Ich bin nur am Schauen, wo ich anfangen soll. Überwachungskameras abklappern, ob er irgendwo mit dem Kleinen zu sehen ist. Hm. Aber ich denke, das mache ich heute mal.“

„Und bei dir so?“
„Jo, Passt. Mam meldet sich zwischendurch mal und das reicht mir. Aber du. Ich muss gleich los. Ich räume auch auf. Gucke?!“
Ja, ich muss schnell weg, sonst fange ich an zu plappern. Eigentlich verheimliche ich Paps nichts, weil ich es einfach nicht kann. Aber diesmal ist es was anderes.

Selbst den Müll bringe ich noch raus. Er hat ja recht. Ich habe das alles so ein bisschen liegenlassen. Ein bisschen ist gut. Tja, und warum? Weiß ich selbst nicht. Normal helfe ich ja immer.

Also, auf in die Schule. Heute ist ein recht kühler Herbsttag. Langsam kann man seinen Schal aus dem Schrank kramen. Brrrr. Rein in die warme Stube und dann Katharina suchen. Ich habe heute sogar recht gute Laune. Richtig, richtig gute Laune. Die Schule hat mir doch ordentlich gefehlt. Und ja: Es lenkt ab.

Mr. Dreitagebart betritt die Mensa uuuuuuund. Yes. Sie ist da. Meine hübsche, kleine, wunderbare und woaaaah Katharina. Ja doch. So kann man sie am besten beschreiben. So kann der Tag weitergehen. Auch meine Freunde sind schon da.

Und Nervennahrung für den Test nachher. Was da so alles im Arbeitsgesetz steht, liegt an. Gesetze hin oder her, aber viele finde ich dann doch Schwachsinn. Es sollte doch klar sein, dass es nicht erwünscht ist, seinen blanken Hintern zu kopieren, oder? Hey, habe ich echt mal gelesen.

Dann ist da noch die Neue. Sie ging mir gestern schon so auf den Keks. Sitzt überall da, wo ich auch sitze und klimpert mir immer mit den Augen zu. Den Blick von Katharina könnt ihr euch bestimmt dann denken. Heute schon wieder. Maaaan.

Aber ich sage, da halt nichts zu. Wo soll ich mich denn sonst hinsetzen? Hinten ist alles voll und am anderen leeren Tisch kommt sie dann eh wieder hinterher.
„Hihi.“
Klar.

Mira setzt sich zu uns. Sie ist recht kompliziert und anstrengend. Klar, dass sie sich mit der neuen gut versteht. Die perfekten Freundinnen. Aber ganz ehrlich? Mit beiden an einem Tisch? Ähm, ne.

Also setze ich mich um. Der Platz ist gerade freigeworden. Wunderbar. Schaut, wie sie lächelt. Ist sie nicht süß? Katharina ist ganz vertieft in ihren Aufgaben. Ob sie gerade an mich denkt? Ganz bestimmt.

Natürlich ruiniert die Neue dann wieder alles. Ey. Was soll das denn jetzt? Und wie sie mich wieder anguckt.

Trotzdem bleibe ich cool. Mit sowas Eingebildetem kann ich eh nichts anfangen. Was sie immer für Klunker trägt. Ich will nicht wissen, wie viel ihre Eltern ihr in den Pöppes stecken. Nur gleich reicht es. Sie schaut meine Freundin schon wieder so giftig an. Grinst dabei dann immer so blöd. Also bald hat sie eine sitzen.

Schließlich reicht es mir. Ich klappe mein Heft zu und dann zeige ich es ihr noch einmal. Und meinetwegen noch einmal. Wenn sie es dann immer noch nicht rallt, dann rufe ich Emilio an. Das ist doch der richtige Fall für ihn, haha.
„Hey. Du bist so in deinen Aufgaben vertieft und siehst mich nicht mal richtig. Sehe ich so doof aus? Komm schon. Der Dreitagebart ist voll Kult und so.“
„Äh, nein, hihi. Sorry, ich.“
Ich sehe total, dass sie so rot wie ihre Brille wird. Sehe ich ganz genau.

„Du, ich. Hihi. Ich wollte dich eh mal sprechen. Meine Eltern möchten dich gern kennenlernen. Sie würden dich gern zum Essen nach Hause einladen. Hast du am Wochenende Zeit?“
Meine Augen werden gerade größer. Panik bricht aus.

„Ähm, Essen? Bei euch? Wie bitte? Dein ernst? Ich blamier´ mich doch voll.“

„Meine Großmutter möchte dich unbedingt kennenlernen. Ich habe wohl etwas zu viel erzählt, hihi. Jetzt sind alle neugierig und das wird bestimmt lustig. Also ähm. Na ja. Mein Vater ist ein bisschen verrückt, hihi. Aber wer seinen Eignungstest besteht, der ist sein bester Freund. Äh.“
„Okay.“
Da bin ich dann doch gerade etwas geknickt. Ich dachte, ich wäre ihr Erster? Das klingt gerade so, als wenn schon einige vor mir das Vergnügen hatten. Da muss ich dann doch mal nachhaken.
„Ähm. Ach, und wie viele hatten diesen Eignungstest schon?“
Gerade kommt mir sogar mein eigentlicher Kummer noch nach oben. Doch. Ich bin gerade traurig. Hat sie mich etwa angelogen?
„Ähm, was? Keiner. Wie kommst du da denn jetzt drauf? Ich. Hä? Mein Paps hat es nur so genannt. Ähm.“

Gut, ich muss gestehen, dass ich gerade selbst nicht weiß, wie ich darauf komme. Also schaue ich sie nur an und lächle.
„Cool. Geht klar. Am Wochenende.“
Da bin ich ja mal gespannt. Ich weiß absolut nichts über Katharinas Familie. Selbst über sie noch nicht so richtig etwas. Nur, dass ich sie liebe. Schon verrückt. Natürlich erfahre ich langsam immer mehr über sie - so soll es ja auch sein. Aber ich weiß nicht mal ihre Lieblingsfarbe. Versteht ihr, was ich meine?

Heute haben unsere Klassen alle zusammen Unterricht, weil wir eine wichtige Besprechung haben. Na ja. Und weil die andere Lehrerin krank ist. Weiß gar nicht, wie sie heißt. Cool. Und ich darf auf dem Boden sitzen. Wunderbar. Am liebsten würde ich mich ja jetzt auf Katharinas Stuhl setzen und sie dann auf dem Schoß. Aber so muss es auch gehen.

Und dann kommt die grausigste Stunde meines Lebens. Echt jetzt?
„Uuuuuund da kaaaann man guuuuut daran ........ seheeeeen, daaasssssss ......“

„Damiiiiit man beeeeeide Seiteeeeeen ääääh bla.“

Boah, was ist bei der denn schon wieder kaputt? Die Frau ist echt der Knaller.
„Und daaaannn *schnief* kaaaaaaann daaaaas ......“

Dementsprechend ist dann auch die Reaktion in der Klasse. Schlimm ist ja, dass ich hier so auf dem Boden sitze und langsam Rückenschmerzen bekomme und sie sabbelt sich da so eine Naht zurecht. Boah.




Nach der Stunde flitze ich sofort zu Katharina.
„Boah. Duhu? Ich habe voll die Verspannung im Nacken und müsste jetzt ....!“
In dem Moment streift sie mir mit ihrer Hand durchs Haar und lächelt mich nur an.
„Ich weiß was Besseres, hihi.“

Cool. Alles klar. So geht es natürlich auch.
„Aber du kratzt total. Was ist los mit dir? Rasierer kaputt?“
„Äh, was? Moment. Gefällt dir das nicht? Dann mache ich das wieder weg. Dachte, weil ich bald 18 bin und so.“
„Ah, alles klar. Dann muss man das natürlich so machen, hihi.“
Ich gehe zu meinem Spind, um mir was zu trinken zu holen und sehe, dass Max hier so ganz allein rumsitzt. Irgendwas scheint er zu haben. Mal nachhaken.

Er dreht sich weg. Was habe ich denn jetzt schon wieder gemacht? Gar nichts eigentlich. Habe ich was verpasst?

„Hey, alles gut? Du schaust so, als hätte ich jemanden ermordet oder so.“
„Hä? Ich glaube nicht, dass man dann da so guckt.“
Gut, seine Aufmerksamkeit habe ich schon mal. Mehr wollte ich ja auch nicht.

„Na ja. Du hast immer so einen Erfolg bei den Mädchen. Wie machst du das? Jedes Mal, wenn ich eine anspreche, dann wird sie voll zickig. Verstehst du, was ich meine?“

„Weil ich bin total verliebt, aber weiß nicht, wie ich ihr das sagen soll und du ziehst die Frauen an, wie ein Magnet. Also nicht falsch verstehen. Aber ich beneide dich voll.“

„Das zieht aber auch die Falschen an. Und ich habe keinen Plan. Mich interessiert das auch gar nicht, da ich Katharina habe. Aber, Moment. Wer ist es denn? Vielleicht kann ich dich ja ein bisschen anschubsen.“
„Äh, was? Nein, nein. Lieber nicht.“
In dem Moment wird der Flur jedoch immer voller und Max möchte nicht mehr reden, Mist. Jetzt bin ich aber doch neugierig, wer es ist. Raina vielleicht?

Also wechseln wir das Thema und reden über Frau Paulsen.
„Hast du gesehen? Sie ist ja fast eingeschlafen beim Erzählen. Mach du am besten nächstes Mal Unterricht. Ich glaube, du kannst das tausendmal besser.“
„Meinst du?“
Max ist ein schwer korrekter Kumpel, der nur oft etwas unbeholfen ist. Er sitzt lieber irgendwo in der Ecke und liest. Na ja. Aber so kommt er dann doch auch nicht den Mädchen näher.

Doch dann bemerke ich, dass er Alexandra kurz hinterherschaut, bevor er sich wieder mir zuwendet. Aha. Da weht also der Wind. Es ist Alex.

Das Problem ist nur, dass sie wohl eine Nummer zu hoch für ihn ist. Da findet sich bestimmt eine viel bessere. Also nicht, dass ich Alex nicht in Ordnung finde oder so, aber sie passt eben nicht zu Max.
So zieht sich schließlich der Rest des Schultages und ich bin gespannt, wie Katharinas Eltern sind. Etwas nervös bin ich trotzdem. Ich habe keine Ahnung, was mich erwartet, aber ich habe Schiss, alles zu vergeigen.


Und dann noch das mit Mam. Das steht auch noch an. Oder ich melde mich bei ihr. Sie hat uns schon genug verletzt. Sage ihr dann, dass sie da selbst durch muss.
Denn was ihr bislang noch nicht mitbekommen habt, was mir aber in letzter Zeit immer mehr auffällt: Paps lacht jetzt öfter. Paps und lachen? Oder macht er das nur, damit die Stimmung nicht ganz im Keller ist?
Wie dem auch sei. Ich helfe zuhause noch und freue mich, dass der Tag doch recht glimpflich zu Ende geht. Das hat mir gefehlt.

Also fast zumindest.
