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  • Kucki 232

Folge 61 - Ein mieses Gefühl


 

Erste Winterwoche: Dienstag

Geburtstag: keiner

Event/Feiertag: keiner

Erzähler/in: Marc

 

Irgendwie habe ich schon die ganze Nacht dieses miese Gefühl. Irgendwie mulmig und traurig zugleich. Ich kann es nur nicht zuordnen. Ist es wegen des Falles mit Marianne? Lief dort irgendwas falsch? Oder ist es was ganz anderes? Ich weiß es einfach nicht.

Auf jeden Fall kann ich es nicht beschreiben. Vielleicht unterbewusst, was Schlechtes geträumt. Muss ich mal näher drüber nachdenken.

Als ich ins Wohnzimmer komme, sind die Kids bereits startklar.

„Morgen Kinder.“

Emily ist auch wach und frühstückt.

Kurz kann sie mich auch von meinen Gedanken lösen. Sie ist so ein Traum.

Der Schulbus hupt unten und die Kids packen ihre Sachen und gehen im Entenmarsch nach draußen.

„Viel Spaß, Kinder“, kommt nur von mir raus. Mehr packe ich gerade nicht, warum auch immer.

Sorry. Ich habe leider heute nicht so einen guten Tag und würde ja gern mehr berichten, aber es geht irgendwie nicht. Außerdem bekomme ich kaum was runter. Nein, der Fall kann es nicht sein. Es ist zwar komisch, dass Marianne und Joshua nun getrennte Wege gehen, aber das ist deren Sache. Fernandez hat sie festgehalten und sowas geht gar nicht. Es ist eher, hmmm. Verdammt nochmal, was soll das?

Ich muss daran denken, wie mein Paps gestern bei uns war und die Kids ihn belagert haben. Jeder wollte was von ihm.

Er blieb auch sehr lange. Ungewohnt für ihn.


Nein, ich muss erstmal raus. Eine Runde joggen. Vielleicht ist es wegen eines anderen Falles? Letztens hat mich immerhin eine Frau angerufen, die sehr hilflos schien. Später lief in den Nachrichten, dass eine Frau verschwunden war und später tot aufgefunden wurde. War das vielleicht meine Schuld? War sie das vielleicht? Verdammt, nein.

Ich schicke meine Schnitzereien an die Kunden und mache mich direkt ans Werk für neue Kunstwerke. Es fließt ordentlich Geld in die Kasse.

Während ich so arbeite, fällt mir ein, dass ich mit Paps viel mehr Zeit verbringen müsste. Es ist einfach zu wenig. Dreiviertel meines Lebens habe ich nicht mal was von meinem Paps gehabt. Er pokert gern. Lade ich ihn mal ein. Ja, das ist eine gute Idee.

Ich denke an seinen Blick von gestern. Er hatte was auf dem Herzen. Das habe ich gespürt. Er war so intensiv mit uns beschäftigt und wollte alles wissen. Zeit genießen. Er wird doch wohl nicht....?!

Mein Kunstwerk muss warten. Das lässt mir gerade keine Ruhe. Ist es vielleicht deswegen? Weil Sven gestern bei uns war? Als er ging, schaute er noch einmal in die Runde und seufzte. Normal geht er einfach so raus und sagte: „Jo, Leute. Dann bis zum nächsten Mal.“

Er sagte jedoch nichts zum Abschied.

Ich bin unruhig und gehe nach oben, wo Emily am Stricken ist. Ich setze mich neben sie. Vielleicht ist ihr das Verhalten ja auch aufgefallen.

„Hast du bemerkt, wie Sven gestern drauf war, als er bei uns war? Es fühlte sich so anders an. Ich spüre, dass irgendwas anders war und dieses Gefühl bereitet mir Magengrummeln.“

„Was soll anders gewesen sein? Er war wie immer.“

Na klar. Sie hat recht. Er ist zwar schon ein alter Sack, wie er gern mal sagt, aber so schnell gibt er den Löffel doch nicht ab. Trotzdem ist dieses mulmige Gefühl weiterhin da. Paps ist es nicht und mit der toten Frau rede ich mir auch nur Blödsinn ein. Was ist es dann?

Verdammt. Ich muss Paps anrufen. Schauen, ob alles in Ordnung ist. Ich lege meinen Schraubenzieher weg und eile zur Couch. Nachdem ich seine Nummer gewählt habe, nimmt er direkt ab.

„Ja, alles gut. Wollte nur deine Stimme hören. Alles gut bei dir? ------ Ja? Super. Sehen wir uns bald? ----- Wunderbar. Also bis dann.“

Emily schaut mich auch an, als würde sie mir sagen wollen: „Siehst du? Alles in Ordnung.“

Ich atme auch erleichtert auf.

„Ja, ich wollte auflegen. Eigentlich. Ja. Okay. Also bis dann.“

Meine Frau setzt sich neben mich.

„Emily, ich weiß nicht, was das ist. Irgendwas stimmt nicht und ich weiß nicht was. Ich habe doch keine Visionen oder sowas. Das wäre ja eure Aufgabe eigentlich gewesen. Ich kann den Blick von Paps nicht vergessen.“

„Es war in der letzten Zeit alles ein bisschen viel für dich. Ich denke, das wird es sein. Schau mal. Du hilfst anderen Menschen, deckst Fälle auf und dann hast du uns hier zuhause noch. Mit ganz anderen Problemen. Wird echt mal Zeit für Urlaub, hihi. Selvadorada musste schon ausfallen. Warum fahren wir über Weihnachten nicht einfach mal weg? Ich liebe dich und ich mag es nicht mit ansehen, wie du innerlich gerade aufgefressen wirst.“

Trotzdem führen mich meine Gedanken immer wieder zu Paps. Ich schaue mir die Bilder an von dem Tag, wo wir das Haus eingerichtet haben. Er war einfach immer da.

Emily ruft mich zurück auf die Couch:

„Hey, komm mal her, mein süßer Blondschopf.“

Sie nimmt meine Hände und schaut mir tief in die Augen.

„Egal, was du gerade hast: Ich bin immer bei dir.“

Und dafür bin ich ihr auch sehr dankbar.

„Ich lieb dich wirklich megadolle nur manchmal machst du dir unnötige Gedanken. Du grübelst viel zu viel und vertiefst dich etwas zu sehr. Und sollte das mit deinem Paps wirklich stimmen, dann können wir eh nichts dran ändern. Ja, es wäre schade, aber es ist der Lauf der Zeit. Aber gestern sah er noch so putzmunter aus.“

„Ja, du hast recht.“

„Deswegen, komm mal her.“

Bäh, wie ich das hasse, geküsst zu werden. Daran wird sich nie was ändern. Aber manchmal kann man das ja mal durchgehen lassen, weil sie einfach meine Traumfrau ist.

Und so widme ich mich den Rest des Tages dem üblichen Wahnsinn.

„Paps. Ich weiß einfach nicht weiter. Heute war Marianne wieder in der Schule und wollte mit mir reden. Ich würde das ja alles missverstehen und so.“

„Hey, immer ruhig, Großer. Und nochmal von Anfang bitte.“

Doch mein Instinkt kann mich einfach nicht täuschen, was ich einige Stunden später vor dem Schlafengehen erfahren darf, als ich einen Anruf bekomme.


Mein Paps hat sich gestern wirklich verabschiedet. Für immer.


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