- Kucki 232
Folge 63 - Wer ist Karl?

Draußen fängt es jetzt ordentlich zu gewittern an. Mal gut, dass ich heute nirgendwo mehr hin muss. Der Regen der letzten Tage reicht dann doch mal.
Ich schaue nach meinem Sohn, um zu sehen, ob alles in Ordnung ist. Katharina ist ja auch noch bei ihm. Schön, dass zwischen den beiden wieder alles okay ist. Im Zimmer liegen beide schlummernd aneinandergekuschelt. Ich denke an die alte Zeit mit Emily zurück. Wo wir auch so auf dem Bett gelegen haben. Eng umschlungen und ich war einfach nur für sie da. Deswegen kann ich es ihr auch nicht verübeln, dass sie plötzlich neben mir steht und meine Hand nehmen will. Doch es tut einfach zu sehr weh. Vielleicht kann ich heute ja mal in Ruhe mit ihr reden. Muss jetzt auch mal sein.

Ich lasse den Annäherungsversuch jedoch nicht zu.

Seit sie hier ist, fühle ich mich garantiert nicht wohler. Nein, ich liege nachts wieder heulend im Bett. Wieder dieses Lachen der Frau. Dieses fröhliche Gesicht. Und dann mein Sohn da noch so auf dem Bett.

Wir gehen aber wieder raus und ich deute an, dass ich bereit zum Reden bin. Jetzt hätten wir die Ruhe zu. Also auf in die Küche. Jetzt oder nie. Ich will endlich wissen, was da passiert ist.

Es klingelt jedoch an der Tür. Will uns etwa jemand daran hindern, dass wir reden? Eine höhere Macht? Kommt mir echt manchmal so vor. Na gut. Dann schaue ich nach.
Ich erkenne ein Mädchen. Müsste so Joels Alter sein.

Ich mache ihr die Tür auf, aber großes Schweigen. Das Mädchen sieht auch sehr bedrückt aus. Hmm.

„Kann ich dir helfen?“
Irgendwann muss ja jemand mal den Anfang machen, weil es langsam dann doch etwas ungemütlich hier draußen wird.

„Ist Joel da? Ich möchte mich gern bei ihm entschuldigen. Oder ist er noch im Krankenhaus? Das tut mir alles so leid und mein Vater will, dass ich mich entschuldige und er hat recht.“
Sie babbelt wie ein Wasserfall.
„Äh, lass uns erstmal rein und dann erzähl weiter.“
Gut, alles klar. Hier kann es meinetwegen weitergehen.

„Joel schläft. Wer bist du denn überhaupt?“
„Oh, ja. Entschuldigung. Olivia.“
Da bekomme ich große Augen. DIE Olivia? Uff. Aber dann muss ich gestehen, dass ich es mutig von ihr finde, dass sie hier aufkreuzt. Sowas können wir im Moment mehr gebrauchen, als wenn uns irgendwas weiter herunterzieht.
„Ich wollte das nicht. Also ihn mit Katharina auseinanderbringen. Habe viel Scheiße gebaut und mein Vater meinte sowieso schon, dass es Mist von mir war, da Sie ein guter Detektiv und Freund von ihm sind und Joel eigentlich auch voll in Ordnung ist und ...... Ja, es tut mir leid. Ich bin doof und alles ist doof und hmpf.“

Ich versuche erstmal die ganzen Sätze zusammenzufügen. Sie redet so schnell, da komme ich gar nicht mit.
„Moment. Dein Vater?“
„Alexander. Ich wusste ja nicht, dass Joel ihn kennt und Sie gute Freunde sind. Joel ist einfach so süß und da ging alles mit mir durch und dann meinte er, dass ich heute herkommen soll um zu reden. Aber da Joel schläft, sage ich Ihnen das eben alles, weil ich sonst bald platze.“
„Moment. Du bist die Tochter von Alex? Und dann zerstörst du die Beziehung von meinem Sohn? Äh.“

„Ich kann dich aber beruhigen, denn sie sind wieder zusammen. Zumindest sieht es so aus.“
Okay, da wird Olivia dann doch wieder etwas patziger.
„Wirklich? Pfff. Dann kann ich ja wieder gehen. Hab mich ja entschuldigt.“
In dem Moment kommt Emily mit dazu und stellt sich bei Olivia vor.
„Hallo, Frau Duvan. Schön Sie mal ähm .... kennenzulernen.“

Okay, das Mädchen ist irgendwie eigenartig. Erst lächelt sie und ist der größte Sonnenschein. Dann plötzlich verzieht sie wieder die Miene und es kommt doch wieder dieser Sonnenschein zum Vorschein.
„Alsooo, ich geh´ dann mal, hihi. Habe ja alles gesagt und grüßen sie Joel ganz lieb. Und richten Sie ihm aus, dass ich mich entschuldigt habe. Ach ja. Und gute Besserung und so.“
„Äh.“
Emily und ich schauen uns nur an und fragen uns gerade, was das für eine Show war? Ich nehme mir aber vor, mal mit Alex zu reden. Wenn das wirklich seine Tochter ist, dann hätte ich da doch einige Fragen.
Doch erstmal möchte ich jetzt mit Emily reden. Dafür gehen wir auch diesmal raus.

Keiner weiß nur so recht, wo er anfangen soll.

Bis ich dann irgendwann mal platze.
„Wer ist überhaupt dieser Karl? Was hat er mit Jimmy zu tun? Wie oft hast du mit Maik geschlafen? Wie lange geht das überhaupt schon zwischen euch? Sag schon.“

„Das war so widerlich von dir. Warum hast du nicht mit mir geredet? Hast du nicht gemerkt, dass irgendwas faul ist? Hmm? Und glaub mir - da ist garantiert was faul.“

Emily scheint erstmal die Wörter zu sortieren und dann kommt auch endlich mal was von ihr raus. Werde ich jetzt endlich mehr verstehen?
„Ich habe einmal in Windenburg einen Kaffee getrunken und da bin ich mit einem Pärchen ins Gespräch gekommen. Die beiden waren in Ordnung und viele Themen sind gefallen, die ich sehr interessant fand. Wir haben uns angefreundet. Dann irgendwann mal sagte ich, dass ich einen Job suchte und Karl hat mir diesen Job vermittelt. Im Supermarkt.“
Längere Pause.
„Die Probezeit lief wunderbar und ich fühlte mich endlich mal, als würde ich was Sinnvolles machen. Ich traf mich immer mehr mit den beiden und auch der Chef ist mit ihnen befreundet. Und....“

„Karl hat mir immer gesagt, dass ich traurig und unzufrieden aussehe und so habe ich ihm irgendwann anvertraut, dass wir nicht wirklich miteinander schlafen und mir sowas ja fehlen würde.“
„Du erzählst dem echt sowas? Ist das dein ernst? Anstatt mal zu mir zu kommen, redest du mit Karl? Alles klar.“

„Marc, ja, was soll ich denn machen? Ich war halt unglücklich. Wir lebten nur noch neben uns her und ich wünsche mir nun mal Zärtlichkeiten. Früher warst du nie so. Also nicht so wie heute und plötzlich ist gar nichts mehr.“

„Und Maik war halt immer da. Karl hat uns irgendwie zusammengebracht, aber ich wusste nicht, wie ich euch das sagen sollte. Ich musste immer an damals denken. Es war so schön und dann ..... irgendwann wusste ich nicht mal mehr, ob ich dich überhaupt noch liebe.“

„Bis ich das dann mit Jimmy erfahren habe und ich, glaube ich, gar nicht wissen sollte, dass er Jimmys Freund ist. Als hätte er sich verplappert. Dann erfuhr ich dass mit Joel und seinen Problemen und hatte immer mehr das Gefühl, dass uns jemand etwas Böses möchte.“
„Ach. Und du meinst, Karl wäre der Auslöser gewesen?“

„Ich denke, ja. Karl wirkte plötzlich immer so hektisch. Irgendwie war ihm unsere Freundschaft auf einmal egal. Und das, nachdem die Polizei bei ihm war. Sie wollten ihn wegen Jimmys Tod ausfragen. Mehr habe ich nicht mitbekommen. Marc, es tut mir so leid. Ich habe da erst gemerkt, wie sehr du mir fehlst und bedeutest. Ich habe mich gehasst dafür und versuche selbst noch zu verstehen, was passiert ist. Es war so viel. Ich konnte einfach nicht mehr. Und ich hatte mal Freunde. Verstehst du?“
Ich bleibe eine Weile einfach schweigend sitzen und weiß jetzt erst recht nichts mehr. Sie weiß nicht mehr, ob sie mich überhaupt geliebt hat? Was war bitte die letzten Jahre? Gerade wünsche ich mir, dass sie nie mit mir geredet hätte. Es zerfetzt mich nur noch mehr.
„Marc, hör zu. Ich weiß, das klingt jetzt absurd, aber ich hoffe, dass wir wieder zueinander finden können. Du hast selbst gesagt, dass wir unseren Gegner nicht gewinnen lassen dürfen.“
Sie steht auf.

Kurz lasse ich mich wieder leiten.
„Mir ist jetzt erst bewusst geworden, wie sehr ich dich liebe und du mir fehlst. Ich kann es nicht rückgängig machen, was passiert ist, aber Marc .... ich.“
Sie versucht, mich zu küssen. Ganz kurz komme auch ich ihr näher.

Doch stoße ich sie wieder von mir weg. Nein, nicht stoßen. Schieben.

„Ich kann das nicht. Tut mir leid. Ich will jetzt erstmal rausfinden, was mit diesem Karl faul ist.“
Und gehe weg.
