- Kucki 232
Folge 8 - Hoffnungsschimmer

Ich stehe auf und falle fast vom Glauben ab, wen ich da sehe. Es ist Melody. In der alten Welt meine beste Freundin und nun ja. Ich bin schon eine Ewigkeit in sie verknallt, aber es war da etwas kompliziert zwischen uns. Melody wollte mit mir in einem Schloss ein Leben aufbauen. Von richtiger Liebe hat sie nie was verstanden. Für sie war alles nur eine Märchenwelt.
„Joel? Bist du das? Ich suche schon so lange nach dir. Kucki hat mir gesagt, du wärst hier.“

„Ich.“
Doch bevor sie weitersprechen kann, fängt sie plötzlich an zu torkeln.
„Ich muss mich mal kurz ausruhen. Ich.“
Irgendwie registriere ich noch gar nicht so richtig, dass es Melody ist. Es ist einfach zu viel passiert, um noch an irgendwas zu glauben.

Melody lehnt sich an einen Pfosten.
„Es war so schrecklich, Joel. Plötzlich war ich hier und ....“

Ich sehe, wie sie langsam zusammensackt und dann bin ich schnell.
„Woah, woah. Was ist los mit dir? Wie lange bist du schon hier? Du bist ja fix und alle.“
„Ich ...“

Als sie immer weiter zu Boden sackt, komme ich zu ihr und stütze sie. Was passiert denn noch alles in dieser verrückten Welt? Ich kann langsam nicht mehr.
„Warte. Ich helfe dir, okay? Ich bin da. Komm her.“

Sie lässt sich zu meiner Seite fallen, mit dem ich jetzt aber nicht wirklich gerechnet habe. Verdammt. Ich verliere das Gleichgewicht und lande mit Melody im Rasen.

Sie jetzt hier aber wegzubringen, wäre ein Fehler. Zu meiner verrückten Familie? Niemals. Lieber bleibe ich mit ihr heute Nacht hier und genieße die Ruhe. Wenn was ist, dann hole ich ihr was vom Vergnügungspark zu essen. Gut, nicht das beste jetzt, aber besser als nichts. Ich will einfach nur nicht nach Hause.
So schlummere ich irgendwann ein und im Arm Melody.

Kurz werde ich durch eine kalte Brise wach, aber schlafe schnell wieder ein. Nicht der bequemste Ort, aber hier fühle ich mich im Moment wohler als irgendwo anders.

Die Vögel fangen an zu zwitschern und ich höre ein „Wuff.“ Oh, ja. Jingles ist ja auch noch hier. Die ersten Sonnenstrahlen kitzeln mein Gesicht und ich denke, es wäre jetzt doch besser, Melody in mein Bett zu bringen. Und dann sehen wir weiter.

Langsam stehe ich auf und bemerke schnell, wie unbequem eigentlich so eine Wiese ist. Aua. Aber egal. Melody braucht Hilfe und ich wäre der Letzte, der ihr nicht helfen würde.
Kurz wird sie auch wach, aber sie ist einfach zu schwach. Ich verstehe kein Wort.

„Komm, Jingles. Wir gehen zurück.“
„Wuff.“

Der Weg zurück ist gerade auch nicht ohne. Es ist bereits 8 Uhr durch und meine Arme werden immer schwerer. Ich lege Melody behutsam ins Bett. Soll sie sich erstmal ausruhen.

Ich schaue derweil, wo meine komische Scheinfamilie ist. Es ist gerade sehr ruhig hier. Paps entdecke ich an der Kante der Couch. Was ist denn hier passiert?

Ich knie mich zu ihm runter und beobachte die Situation. Eigentlich ist er ja absolut nicht mein Paps. Er sieht zwar so aus, aber ich mag meinen eigentlichen Paps viel lieber.

„Paps? Alles gut?“
Ich stupse ihn kurz an und schaue, ob er überhaupt noch lebt. Er zuckt kurz zusammen und arbeitet sich die Couch hoch. Schließlich bleibt er dort nur sitzen und schaut in die Leere.

„Geht es dir gut? Brauchst du Wasser oder so?“

Keine Reaktion. Er schaut mich nicht mal an. Bekloppter kann es echt nicht mehr werden. Also gehe ich in die Küche, um erstmal zu frühstücken.

„Was ist das hier für ein Haus? Wo sind wir hier? Wurden wir entführt oder so?“

Moment mal. Habe ich gerade richtig gehört? Paps, kennt dieses Haus nicht? Dem muss ich mal auf den Grund gehen und setze mich zu ihm.
„Du erinnerst dich nicht an dieses Haus? Echt nicht?“
Trotzdem möchte ich mich nicht zu früh freuen.

Doch Paps bleibt einfach wieder nur da sitzen und guckt ganz erstaunt drein. Er grübelt viel und irgendwie scheint das alles keinen Sinn zu ergeben.

Bis ich dann Mam draußen sitzen sehe, die genau die gleiche Reaktion an den Tag legt. Sie sitzt da einfach nur und schaut in die Landschaft. Keine Reaktion, als ich ihr ins Gesicht schnipse.

Aber dann steht sie einfach nur auf und legt sich hin. Etwas orientierungslos, wie es scheint. Sie sucht nämlich eine Couch.
„Hier, Mam. Hierhin.“

Auch sie beobachte ich eine Weile und verstehe nun gar nichts mehr. Sind meine Eltern zurück oder nimmt die Horrorshow nur weiter seinen Lauf? Langsam ist nämlich echt mal gut.

Fragen zu stellen, bringt hier eh schon nichts mehr. Irgendwann bin ich jedoch neugierig und wecke Mam. Ich möchte jetzt wissen, was hier vor sich geht. Langsam rappelt sie sich auf.

Sie schaut sich um, als wäre alles nicht wirklich, was um sie herum passiert. So ein richtig gläserner Blick, Keine Ahnung. Gruselig.
„Mam? Geht es dir gut? Paps scheint es auch nicht gutzugehen. Brauchst du irgendwas?“

Sie schaut mich kurz an und tätschelt dann an sich rum.
„Huch? Was ist passiert? Warum fühlt es sich so an, als wäre ich schwanger? Was ist das für ein Haus, Joel? Wo sind wir?“

Nach diesem Satz steigt ein Funken Hoffnung bei mir auf. Aber nur ein kleiner. Ich möchte mich noch nicht zu früh freuen.

„Aber weißt du was? Ich bin so müde. Ich werde erstmal wieder schlafen. Wir reden nachher, okay?“

Und weg ist sie. Ich bleibe noch sitzen und versuche mir vorzustellen, was gerade passiert sein könnte. Hat man mich vielleicht im Park erhört? Sind es dann also wirklich wieder meine Eltern oder nur eine Kopie? Oder ist das jetzt gar nicht von Dauer? Ich kann mir da einfach keinen Reim draus machen. Und dann finde ich auch noch Melody. Oder hat sie eher mich gefunden?

Sei es drum. Ich passe auf meine Familie auf und wenn sie es wirklich alle sind, dann kann ich mir hier schon eher was aufbauen. Nein, nein. Nicht zu früh freuen, Joel.
Madleen hat jetzt Schulschluss und da möchte ich einmal ihre Reaktion testen. Also warte ich im Flur. Als sie durch die Tür kommt, hat auch sie diesen Blick.

Kurz bleibt sie stehen und schaut mich an.

Und verschwindet zielstrebig in ihrem Zimmer, nachdem ich ihr gesagt habe, wo es ist. Hää? Wie hat sie denn hierher gefunden, wenn auch für sie das Haus dann wohl fremd erscheint? Aber das hinterfrage ich heute nicht mehr. Das ist einfach zu viel des Guten.
