Kapitel 84 - Nicht heute

---

Nachdem ich diese komischen Bilder vor Augen hatte, brauchte ich einige Zeit, um wieder zu mir zu kommen. Nur, egal was ich gesehen habe: Das ist mir heute egal und auch morgen. Denn wir sind im Urlaub, den ich jetzt genießen möchte. Das Einzige, was ist, ist, dass mir plötzlich so schlecht ist und Mam mich immer wieder so komisch anschaut.

Egal. Ich reiße mich jetzt im Park zusammen und habe mit meiner Familie Spaß.

So wie Paps und Jenny. Die beiden sind echt unzertrennlich geworden und turteln in jeder freien Minute rum. Tja, nur wie findet Mam das Ganze? Ist sie wirklich drüber hinweg?

Egal. Ich vergesse schnell alles und im Park gibt es vieles, was man machen kann. Das hier zum Beispiel:

Emilio vertraut mir an, dass er wieder Stress mit Naomi hat und er froh ist, hier zu sein. Will sich aber nichts anmerken lassen, da ja eh schon so eine trübe Stimmung ist.

Also lenken wir uns alle gegenseitig ab. Egal, was passiert oder passiert ist, werde ich jetzt bis heute Abend hier rumrutschen. Komme was wolle.

Ich bin nämlich so richtig froh, dass ich einigermaßen wieder was machen kann. Lange genug lag ich nur im Bett rum oder auf der Couch. Ein bisschen zieht meine Wunde noch, aber der Arzt meinte, dass ich jetzt wieder alles normal machen kann. Mit ein bisschen Vorsicht eben. Bin ja auch nicht blöd und übertreibe gleich, auch wenn ich es gerne wollen würde.

Während Paps einen Whirlpool entdeckt. Alles klar.

Hm. Und Emilio? Ob ich mich mal in Ruhe mit ihm unterhalten sollte? Oder um die Häuser ziehen? Wollte er doch sowieso mal mit mir machen. So wirklich viel gelacht hat er jetzt nämlich auch noch nicht wirklich.

Und dann ist da noch Mam. Manchmal habe ich das Gefühl, dass der Urlaub doch nicht so das Wahre für sie ist. Okay, wer konnte mit rechnen, dass Jenny mitkommt? Paps und Jenny versuchen ja schon irgendwie Distanz zu halten, aber das scheint ihnen wohl nicht so leicht zu fallen. Und nun? Nun war das da eben noch. Ob Mam was ahnt? Ob sie weiß, warum ich diese Bilder gesehen hatte? War das bei ihr auch mal so?

Wer konnte auch damit rechnen? Plötzlich würfelt sich eine neue Familie zusammen. Alles verändert sich. Und nur wegen eines kranken Onkels. Eines eifersüchtigen. Echt schon der Hammer.

Schließlich kann ich dann doch meine Übelkeit nicht aufhalten. Wow. Mir ist so schlecht. Ich glaub’, ich muss ..... Arghs. Jetzt aber schnell.

Urghs.

Bäh. Warum gerade jetzt? Oder war das doch etwas zu viel? Sollte ich mich lieber ausruhen? Ich will doch nur wieder alles normal machen können. Ist doch doof so.

Na ja. Wenigstens hat Michelle noch ihren Spaß hier. Freut sich Paps nachher, den ganzen Sand aus ihrer Windel zu ziehen, haha.

Was aus ihr wohl mal wird?

Trotzdem mache ich mir jetzt doch so einige Gedanken über die Bilder, die ich gesehen habe. Wer war das? Und überhaupt: Wie kommen diese Bilder in meinen Kopf? Ein kleines Kind und dann diese beiden da. Wer ist das? Ob ich Mam die Wahrheit sagen soll?

Sie kommt auf mich zu. Immer noch dieser komische Blick.

„Ist alles in Ordnung mit dir, Mam?“

„Was war da vorhin? Was ist passiert? Und lüg mich nicht an.“

Ihr Ton klingt irgendwie hmmm.... Wow. Auf jeden Fall ist sie alles andere als ruhig. Wenn ich ihr jetzt die Wahrheit sage - was dann? Es scheint ja mit dem Tor zusammenzuhängen. Nimmt sie mir dann die Erinnerung weg? Davor habe ich Angst.

„Mam. Ich. Hmpf. Ich. Können wir da nicht wann anders drüber reden? Auch wenn eigentlich nichts war? Also, ich mein ähm .... Nein, mir geht es gut, okay?“

Verdammt. Sie glaubt mir nicht. Sie glaubt mir echt nicht. Mann, was soll ich denn auch sagen? Ich will ja auch nicht, dass sie weiter Angst hat. Aber dieser Blick. Er nervt einfach gerade nur. Sie ist so anders. Und dann schaut sich auch wieder auf mein Tattoo. Verdammt. Seht ihr? Das meine ich ja. Ich vergesse es eben immer, weil ich mir dabei nichts denke. Und gesehen hat es bestimmt keiner. Es nervt aber. Echt.

Tja. Und als Mam dann so nach drüben schaut, wird ihr Blick noch giftiger. Was zum? Ich dachte, wir haben alles geklärt? Plötzlich ist sie wieder so. Soll Paps doch mit Jenny glücklich sein. Heißt ja nicht, dass sie jetzt nicht mehr meine Mam ist. Aber langsam wird es mir zu gruselig mit ihr.

Deswegen stehe ich wortlos auf und gehe zu Michelle. Decke ich auf dem Weg dieses blöde Tattoo ab. Sieht schon keiner und nicht jeder wird wohl darüber Bescheid wissen. Wie oft war ich mit dem blöden Ding schon irgendwo? Keiner hat mich danach irgendwie mit Eiern beworfen oder sowas. Alles ganz cool.

Wie dem auch sei:

„Hey, du Stinkepups. Wow. Du hast ja ordentlich einen in die Windel geschossen, haha.“

Trotzdem ist es auch später schön zu sehen, dass sich Mam Michelle wieder richtig annähert. So ganz habe ich sie dann wohl doch nicht verloren.