- Kucki 232
Kapitel 94 - Endlich bereit

Joel blieb den restlichen Tag in seinem Zimmer und er scheint auch durchgemacht zu haben. Zwischendurch kam er mal in die Küche und hat sich etwas zu essen geholt, aber reden konnte ich nicht wirklich mit ihm.
Es ist Samstag und ich schaue mal nach, was ich für seinen Fernseher noch tun kann. Aus welchen Gründen auch immer, zaubert er unbewusst Dinge weg oder zerstört sie. Natürlich macht es ihm Angst. Doch so lange, wie er nicht akzeptiert, was auf ihn zukommt, können wir ihm auch nicht helfen. Also heißt es warten und hoffen.
Mein Sohn sitzt auch immer noch in seinem Zimmer und zockt. Kein Wort hat er mehr mit mir gewechselt. Er muss doch mal schlafen.

Ich beobachte ihn, doch so wirklich bemerkt er mich nicht. Oder will mich nicht bemerken. Joel kann jederzeit zu mir kommen. Früher habe ich genug mitbekommen. Auch ich hätte nämlich Fragen. Viele sogar. Ich träume oft Dinge und frage mich, ob sie real sind oder waren. Es fühlt sich an, als ob ich Personen kenne, die ich dort sehe. Aber woher? Geht mich das Ganze doch etwas mehr an, als ich dachte?

Mein jüngster Sohn lässt sich absolut nicht stören. Den Fernseher hat er auch ganz schön zugerichtet. Heute Morgen haben sogar Tassen im Schrank gefehlt. Wo zum Teufel zaubert er sie hin?

Bis dann endlich der Rechner ausgeht und Joel noch einige Zeit stumm sitzenbleibt.

Na? Redet er endlich mit mir?

„Paps? Können wir heute zum Tor gehen? Ich denke, ich bin bereit und lasse das alles auf mich zukommen und so. Ich möchte damit umgehen können und lernen und sowas. Komme da dann wohl nicht drumherum, oder?“

„Ich weiß halt nicht, wie ich das den anderen beibringen soll, warum plötzlich was kaputtgeht. Soll ich jetzt zu Alex gehen und sagen, dass ich ein Magier bin? Das ist doch absurd.“

„Das bekommen wir hin. Ich überlege schon, wie wir das am besten machen können. Nur möchte ich Alex nicht belügen. Es ist schwierig, aber vielleicht ist die Wahrheit dann doch besser.“

„Äh, du willst echt zu Alex, um ihm die Wahrheit zu sagen?“
„Ja, was soll ich machen, Joel? Dann sag mir doch was Besseres. Es gibt nur diese eine Lösung. Oder möchtest du wirklich deine Karriere als Anwalt oder Detektiv vermasseln und ich kann auch dicht machen, weil alle Welt dann erfährt, dass Marc Duvan einen kleinkriminellen Sohn hat, hm?“

„Man wird uns doch nie glauben.“
„Wenn ich lange genug mit ihm rede, dann vielleicht schon. Es ist nun mal, wie es ist. Soll ja nicht gleich die ganze Welt erfahren. Joel, glaub mir. Ich bin auch sehr frustriert darüber, wie es sich entwickelt, aber vielleicht ist es wirklich eine gute Idee, zum Tor zu gehen. Die Stimme wird schon ihren Grund haben.“
Joel steht daraufhin auf und jetzt erst merke ich ihm an, dass er wirklich die ganze Nacht durchgemacht hat.
„Hör zu. Ich mach’ eben den Fernseher weiter heile und du rufst Mam an. Und dann geht es auf nach Glimmerbrook.“
„Danke, Paps.“

Also weiterschrauben.

„Hey, Mam. Hast du Zeit? Ich würde gern zum Tor. Bitte. Es ist wichtig. Hast du Zeit? ...... Okay, cool. Dann bis nachher.“

Joel schafft es unter die Dusche und ich mach’ derweil alles fertig. Na klar, bin auch ich nervös. Als ich das letzte Mal mit Emily durchs Tor gegangen bin, haben wir ihre Eltern danach nie wieder gesehen. Was wohl dahinter mit ihnen geschehen ist? Alle Magier verloren zu diesem Zeitpunkt all ihre Magie und Erinnerungen daran. Alles wurde im Stein aufgefangen, den Emily immer mit sich rumträgt. Sie hat stets die Kraft des Steines gefühlt, doch das Signal wurde immer schwächer. Hat das vielleicht mit Joel zu tun? Bekommt er etwa jetzt die ganze Macht? Puh. Dass ich überhaupt noch darüber nachdenken muss, ist ungewohnt.
Im Wohnzimmer warten wir auf meine Exfrau.

„Paps, ich habe total Angst. Was ist, wenn ich danach kein normales Leben mehr führen kann? Wenn ich mich verstecken muss und jedem nur schade? Wie soll ich denen das erklären?“

„Die werden mich doch alle für verrückt halten und wegsperren. Oder umbringen wollen oder sowas. Ich werde bestimmt nicht mal mehr in die Schule gehen können.“

„Werde ein Leben im Untergrund haben und wie ein Zombie leben. Am besten dann nur nachts raus, wenn keiner auf der Straße ist. Werde einsam sein und einsam sterben und so.“
Dem Jungen kommen die Tränen.

„So weit wird es nicht kommen, Joel. Natürlich musst du dich erstmal an alles gewöhnen, aber du kannst ein normales Leben führen. Hast du das einmal unter Kontrolle, dann sieht die Welt wieder ganz anders aus. Wir müssen eben nur aufpassen, wem wir die Wahrheit sagen. Aber das wird schon. Versprochen.“

Ich räume eben noch weiter auf. Maik passt derweil auf meine Tochter auf. Ich komme immer noch nicht damit klar, dass ein wildfremder Mann bei Michelle ist. Macht mich das verrückt? JAAA! So ziemlich.

Es klingelt an der Tür. Wunderbar. Meine Exfrau trudelt ein. Irgendwie ist es ja ein Wunder, dass ich sie mittlerweile wieder umarmen kann.

Kurz danach klingelt es noch einmal und dann dreht jemand einen Schlüssel im Schloss um. Hmm. Also eigentlich hat großartig niemand mehr den Schlüssel. Bis sie sich öffnet und ich Katharina sehe. Wow. Joel hat ja vollstes Vertrauen in sie. Trotzdem müssen wir vorsichtig sein.
„Ähm, du. Wir wollen weg. Sorry, aber gerade ist es schlecht.“

„Joel hat gesagt, dass er zum Tor möchte. Darf ich bitte mit? Bitte, bitte. Ich werde auch nichts machen. Möchte es nur mal anschauen. Bitte.“

„Ähm. Wir wissen nicht mal, ob wir da alle überhaupt hinkönnen. Vielleicht hat auch Joel nur Zugang. Wir wissen es nicht. Der Bereich ist schon sehr lange isoliert.“
Joel kommt um die Ecke und freut sich sehr, seine Freundin zu sehen.
„Hey.“
„Hey.“

„Ähm. Also. Das kann auch ziemlich gefährlich werden. Das .....Ähm.“
Ich kann halt nicht für ihre Sicherheit garantieren. Nachher passiert ihr was. Das könnte ich mir nicht verzeihen.

Schweigen.

„Was sagst du denn, Emily? Du kennst dich da am besten aus.“

Doch für Joel ist die Sache wohl klar.
„Ich möchte, dass sie mitkommt. Nein, ich möchte das wirklich und ihr wird schon nichts passieren. Wir sind ja auch noch da.“
Richtig süß, die beiden. Muss ich sagen. Also, als Emily und ich noch in dem Alter waren, da, .... Ach, nein. Egal.

„Ich vertraue Katharina auch. Sie wird nichts sagen. Warum auch? Es gab selbst damals schon gute Sims. Man muss sie eben nur erstmal finden.“

„Okay. Dann. Alle bereit? Wollen wir los?“